Brüderchen und Schwesterchen (Grimm)
Sehr kurze Zusammenfassung
Märchenhafter Wald, unbestimmte Zeit. Die Geschwister Brüderchen und Schwesterchen flohen vor ihrer bösen Stiefmutter, die sie misshandelte. Im Wald verhexte die Stiefmutter heimlich die Quellen.
Brüderchen trank aus einer verzauberten Quelle und verwandelte sich in ein Rehkälbchen. Schwesterchen sorgte für ihn und lebte mit ihm in einem Waldhäuschen. Bei einer königlichen Jagd bemerkte der König das Rehchen. Neugierig fand er das Haus und verliebte sich sofort in Schwesterchen, die seine Königin wurde und ihr Brüderchen mitnahm.
Die Stiefmutter täuschte später den Tod der Königin vor und setzte ihre eigene hässliche Tochter ins Bett der Königin. Der König merkte dies zunächst nicht. Doch nachts kehrte die wahre Königin heimlich zu ihrem Kind und Brüderchen zurück. Der König entdeckte dies und erkannte sie:
Da konnte sich der König nicht zurückhalten, sprang zu ihr und sprach »du kannst niemand anders sein als meine liebe Frau«. Da antwortete sie »ja, ich bin deine liebe Frau« und hatte in dem Augenblick durch Gottes Gnade das Leben wieder erhalten
Der König ließ die Stiefmutter und deren Tochter bestrafen. Nachdem die Hexe verbrannt war, erhielt Brüderchen seine menschliche Gestalt zurück und lebte glücklich mit Schwesterchen zusammen.
Ausführliche Zusammenfassung
Die Einteilung in Kapitel ist redaktionell.
Die Flucht der Geschwister von zu Hause
Brüderchen nahm sein Schwesterchen an der Hand und schlug vor, gemeinsam in die weite Welt zu gehen. Seit dem Tod ihrer Mutter hatten sie keine gute Stunde mehr erlebt. Ihre Stiefmutter behandelte sie grausam, schlug sie täglich und gab ihnen nur harte Brotkrusten zu essen.
»seit die Mutter todt ist, haben wir keine gute Stunde mehr: die Stiefmutter schlägt uns alle Tage, und wenn wir zu ihr kommen, stößt sie uns mit den Füßen fort. Die harten Brotkrusten, die übrig bleiben, sind unsere Speise«
Die Geschwister wanderten den ganzen Tag über Wiesen, Felder und Steine. Als es Abend wurde, erreichten sie einen großen Wald. Erschöpft von Hunger, Kummer und dem langen Weg setzten sie sich in einen hohlen Baum und schliefen ein.
Die verzauberten Brunnen und die Verwandlung des Bruders
Am nächsten Morgen hatte Brüderchen großen Durst und wollte aus einem Brünnlein trinken. Doch die Stiefmutter, die eine Hexe war, hatte die Kinder heimlich verfolgt und alle Brunnen im Wald verwünscht. Als sie ein glitzerndes Brünnlein fanden, hörte Schwesterchen im Rauschen des Wassers: "Wer aus mir trinkt, wird ein Tiger."
Schwesterchen bat ihren Bruder, nicht zu trinken. Bei einem zweiten Brunnen hörte sie: "Wer aus mir trinkt, wird ein Wolf." Wieder warnte sie ihn. Beim dritten Brunnen vernahm sie: "Wer aus mir trinkt, wird ein Reh." Doch Brüderchens Durst war zu groß. Er trank und verwandelte sich sofort in ein Rehkälbchen.
Das Leben im Waldhäuschen
Schwesterchen weinte über das verwünschte Brüderchen und versprach, es niemals zu verlassen. Sie band ihr goldenes Strumpfband um den Hals des Rehchens und flocht ein Seil aus Binsen, um es zu führen. Tief im Wald fanden sie ein leeres Häuschen, in dem sie sich niederließen.
Jeden Tag sammelte Schwesterchen Wurzeln, Beeren und Nüsse für sich und zartes Gras für das Rehchen. Abends legte sie ihren Kopf auf den Rücken des Rehkälbchens und schlief sanft ein. Wäre Brüderchen nicht verwandelt gewesen, hätten sie ein herrliches Leben geführt.
Abends, wenn Schwesterchen müde war und sein Gebet gesagt hatte, legte es seinen Kopf auf den Rücken des Rehkälbchens, das war sein Kissen, darauf es sanft einschlief. Und hätte das Brüderchen nur seine menschliche Gestalt gehabt...
Die königliche Jagd und die Hochzeit
Eines Tages hielt der König eine große Jagd im Wald. Das Rehchen hörte das Hörnerblasen und Hundegebell und wollte unbedingt dabei sein. Nach langem Bitten erlaubte Schwesterchen ihm hinauszugehen, unter der Bedingung, dass es abends zurückkehre und an der Tür klopfe mit den Worten: "Mein Schwesterlein, lass mich herein."
Der König und seine Jäger sahen das schöne Tier mit dem goldenen Halsband und jagten es, konnten es aber nicht fangen. Als es dunkel wurde, kehrte das Rehchen zum Häuschen zurück. Am nächsten Tag wiederholte sich die Jagd. Ein Jäger folgte dem Rehchen bis zum Häuschen und hörte, wie es um Einlass bat.
Am dritten Tag wurde das Rehchen leicht am Fuß verwundet. Der König folgte dem Jäger zum Häuschen, klopfte an und sprach: "Lieb Schwesterlein, lass mich herein." Als die Tür aufging, stand der König vor einem wunderschönen Mädchen. Er verliebte sich sofort, bat Schwesterchen, seine Frau zu werden, und versprach, auch für das Rehchen zu sorgen.
Der tödliche Plan der bösen Stiefmutter
Schwesterchen wurde Königin und lebte glücklich mit ihrem Mann. Das Rehchen wurde im Schlossgarten gehegt und gepflegt. Die böse Stiefmutter jedoch erfuhr von ihrem Glück. Neid und Missgunst erwachten in ihrem Herzen, und sie sann darauf, die beiden ins Unglück zu stürzen.
Als sie nun hörte, daß sie so glücklich waren, und es ihnen so wohl gieng, da wurden Neid und Mißgunst in ihrem Herzen rege, und ließen ihr keine Ruhe, und sie hatte keinen andern Gedanken, als wie sie die beiden doch noch ins Unglück bringen könnte.
Als die Königin ein Knäblein gebar und der König auf der Jagd war, kam die alte Hexe in Gestalt einer Kammerfrau ins Schloss. Mit ihrer einäugigen Tochter lockte sie die schwache Königin in die Badestube, wo sie ein Höllenfeuer entfacht hatten. Die Königin erstickte in der Hitze.
Die Hexe legte ihre Tochter ins Bett der Königin und gab ihr das Aussehen der Verstorbenen. Da sie nur ein Auge hatte, musste sie sich auf die Seite legen, damit der König es nicht bemerkte.
Die mitternächtlichen Besuche der Königin
Um Mitternacht erschien die wahre Königin im Kinderzimmer. Sie nahm ihr Kind aus der Wiege, gab ihm zu trinken, schüttelte sein Kissen und deckte es zu. Auch das Rehchen besuchte sie und streichelte seinen Rücken. Dann verschwand sie wieder, ohne ein Wort zu sprechen.
Die Kinderfrau beobachtete diese nächtlichen Besuche, wagte aber nicht, jemandem davon zu erzählen. Nach einiger Zeit begann die Königin zu sprechen: "Was macht mein Kind? Was macht mein Reh? Nun komm ich noch zweimal und dann nimmermehr."
Endlich erzählte die Kinderfrau dem König von den Erscheinungen. In der folgenden Nacht wachte er selbst im Kinderzimmer. Als die Königin zum letzten Mal erschien und sprach: "Nun komm ich noch diesmal und dann nimmermehr", konnte er sich nicht zurückhalten und rief: "Du kannst niemand anders sein als meine liebe Frau!"
»was macht mein Kind? was macht mein Reh?
Nun komm ich noch zweimal und dann nimmermehr.«
Die Wahrheit kommt ans Licht und Gerechtigkeit siegt
In diesem Moment erhielt die Königin durch Gottes Gnade ihr Leben zurück. Sie erzählte dem König von dem Frevel der bösen Hexe und ihrer Tochter. Der König ließ beide vor Gericht führen. Die Tochter wurde in den Wald geführt, wo wilde Tiere sie zerrissen, und die Hexe wurde zum Feuertod verurteilt.
Als die Hexe zu Asche verbrannt war, verwandelte sich auch das Rehkälbchen zurück in seine menschliche Gestalt. Brüderchen und Schwesterchen waren wieder vereint und lebten glücklich bis an ihr Ende.
Und wie sie zu Asche verbrannt war, verwandelte sich auch das Rehkälbchen und erhielt seine menschliche Gestalt wieder; Schwesterchen und Brüderchen aber lebten glücklich zusammen bis an ihr Ende.