Das Fräulein von Scuderi (Hoffmann)

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Das Fräulein von Scuderi
1819
Inhaltsangabe der Novelle
Das Original liest sich in 150 Minuten
Kurzbeschreibung
Ein Meistergoldschmied tötete Kunden aus Juwelenbesessenheit. Bei seinem letzten Mord starb er; sein unschuldiger Geselle wurde angeklagt. Eine alte Dichterin deckte auf und rettete den jungen Mann.

Kurze Zusammenfassung

Paris, um 1680 zur Zeit Ludwigs XIV. Eine Serie mysteriöser Raubmorde an Personen, die kostbare Schmuckstücke besitzen, brachte die Stadt in Angst. Magdaleine von Scuderi, eine bekannte Dichterin von 73 Jahren, die von König Ludwig XIV. und der Marquise de Maintenon geschätzt wurde, wurde unvermittelt in dieses Geschehen hineingezogen.

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Magdaleine von Scuderi — ältere Dame von 73 Jahren, berühmte Dichterin, anmutig und würdevoll, genießt die Gunst von König Ludwig XIV. und der Maintenon, klug, mitfühlend und mutig.

Eines Nachts brachte ein fremder junger Mann Magdaleine heimlich ein Kästchen mit wertvollem Schmuck. Später stellte sich heraus, dass die Schmuckstücke vom Meistergoldschmied René Cardillac gefertigt und oft kurz nach Fertigstellung gestohlen wurden. Die Scuderi fand heraus, dass Cardillac selbst die Raubmorde verübte, da er von der zwanghaften Besessenheit erfasst wurde, seine schönsten Werke zurückzuerlangen.

Jene unheimliche Stimme ließ sich dennoch vernehmen und höhnte mich und rief: Ho ho, dein Geschmeide trägt ein Toter! - Selbst wußte ich nicht, wie es kam, daß ich einen unaussprechlichen Haß auf die warf, denen ich Schmuck gefertigt.

Als Cardillac einen Grafen ermorden wollte, wurde er selbst getötet. Olivier Brußon, sein Geselle, brachte den sterbenden Cardillac heim und wurde fälschlicherweise für seinen Mörder gehalten und festgenommen. Magdaleine, überzeugt von Oliviers Unschuld, setzte alles daran, ihn zu retten. Olivier, der Verlobte von Cardillacs Tochter Madelon, nahm aus Liebe zu ihr alle Anschuldigungen auf sich, um die Wahrheit über ihren Vater geheim zu halten.

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Olivier Brußon — junger Goldschmiedegeselle, Sohn von Anne Guiot, Verlobter von Madelon, gutmütig und ehrlich, wird fälschlich des Mordes an seinem Meister Cardillac beschuldigt.

Dank Scuderis mutigem Einsatz und des zufälligen Bekenntnisses eines Grafen erkannte König Ludwig XIV. schließlich die Unschuld Oliviers an und sprach ihn frei. Olivier und Madelon heirateten und zogen glücklich nach Genf, weit weg vom Schauplatz der Geschehnisse.

Ausführliche Zusammenfassung

Die Einteilung in Kapitel ist redaktionell.

Einführung von Magdaleine von Scuderi und ein mysteriöser nächtlicher Besucher

Im Paris des Jahres 1680 lebte Magdaleine von Scuderi, eine angesehene Dichterin, die durch ihre anmutigen Verse die Gunst von König Ludwig XIV. und der Marquise de Maintenon genoss. Eines Nachts wurde heftig an ihre Tür geklopft. Da ihr Diener Baptiste nicht anwesend war, öffnete ihre Kammerfrau Martiniere zögernd ein Fenster und sah einen jungen Mann, der dringend mit dem Fräulein sprechen wollte.

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Die Martiniere — ältere Kammerfrau der Scuderi, treu und fürsorglich, ängstlich aber mutig wenn nötig, liebt ihre Herrin wie eine Mutter.

Die Martiniere verweigerte ihm den Zutritt, da ihre Herrin bereits schlafe. Der Fremde flehte verzweifelt und behauptete, es ginge um Leben und Tod. Als die Martiniere weiterhin standhaft blieb, steckte er ihr ein Kästchen zu und verschwand mit der Bitte, es dem Fräulein zu übergeben. Baptiste, der inzwischen zurückgekehrt war, berichtete von einer verstärkten Patrouille der Marechaussee in der Straße, die offenbar nach dem Fremden suchte.

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Baptiste — Diener im Haushalt der Scuderi, mittleren Alters, erfüllt die Rollen des Kochs, Bedienten und Türstehers, treu und ängstlich.

Die Übergabe des Schmuckkästchens und die Botschaft der Unsichtbaren

Am nächsten Morgen öffnete die Scuderi das Kästchen und fand darin kostbare Armbänder und einen Halsschmuck. Ein beigelegter Zettel enthielt die Worte: "Un amant qui craint les voleurs n'est point digne d'amour" (Ein Liebhaber, der Diebe fürchtet, ist der Liebe nicht würdig). Die Nachricht war unterzeichnet mit "Die Unsichtbaren" und dankte der Scuderi für ihre Hilfe bei der Rettung vor Verfolgung.

Die Scuderi war entsetzt, als sie erkannte, dass der Schmuck von einer berüchtigten Diebesbande stammte. Sie beschloss, die Juwelen zur Marquise de Maintenon zu bringen, um ihr von dem Vorfall zu berichten. Die Marquise erkannte sofort, dass der Schmuck von René Cardillac, dem berühmtesten Goldschmied von Paris, gefertigt worden sein musste.

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Marquise de Maintenon — Mätresse des Königs Ludwig XIV., ältere Dame von hohem Ansehen, einflussreich am Hof, ernst und fromm, hilft der Scuderi bei ihren Bemühungen.

Die Verbrechenswelle in Paris: Giftmorde und Raubüberfälle

Paris wurde zu dieser Zeit von einer Welle schrecklicher Verbrechen heimgesucht. Zunächst erschütterten Giftmorde die Stadt. Eine Frau namens la Voisin und ihre Komplizen verkauften Gift an Menschen, die sich ihrer Angehörigen entledigen wollten. Zur Untersuchung dieser Verbrechen wurde ein Sondergerichtshof eingerichtet, die Chambre ardente, unter dem Vorsitz von La Regnie.

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La Regnie — Präsident der Chambre ardente, mittleren Alters, kalt und unbarmherzig, von Verdacht besessen, mit heimtückischem Wesen und garstigem Aussehen.

Kaum waren die Giftmorde eingedämmt, begann eine Serie von Raubüberfällen. Wohlhabende Männer, die nachts Schmuck bei sich trugen, wurden überfallen, mit einem Dolchstoß ins Herz getötet und ihrer Juwelen beraubt. Die Marechaussee unter Führung von Desgrais war machtlos gegen diese Verbrechen. Trotz verstärkter Patrouillen gelang es nicht, die Täter zu fassen.

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Desgrais — Leutnant der Marechaussee, mittleren Alters, schlau und entschlossen, bekannt für seine Fähigkeit, Verbrecher zu fangen, verfolgt hartnäckig die Mordbande.

Das grausamste Mißtrauen trennte die heiligsten Bande. Der Gatte zitterte vor der Gattin - der Vater vor dem Sohn - die Schwester vor dem Bruder. - Unberührt blieben die Speisen, blieb der Wein bei dem Mahl, das der Freund den Freunden gab.

Die Angst vor Vergiftung war so groß, dass Familien ihre Mahlzeiten nicht mehr gemeinsam einnahmen. Gleichzeitig wagte niemand mehr, nachts kostbaren Schmuck zu tragen, aus Furcht vor den Raubmördern.

Scuderis geistreiche Antwort und die Aufmerksamkeit des Königs

Um den König auf die Problematik aufmerksam zu machen, wurde ihm ein Gedicht überreicht, das im Namen der gefährdeten Liebhaber verfasst war. Diese beklagten, dass sie ihren Geliebten keine Geschenke mehr überbringen könnten, ohne ihr Leben zu riskieren. Der König fragte die Scuderi nach ihrer Meinung zu dem Anliegen der Liebhaber.

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König Ludwig XIV. — Herrscher von Frankreich, mittleren Alters, mächtig und respekteinflößend, kann zwischen Strenge und Gnade schwanken, schätzt die Scuderi.

Un amant qui craint les voleurs n'est point digne d'amour. Der König, ganz erstaunt über den ritterlichen Geist dieser wenigen Worte, die das ganze Gedicht mit seinen ellenlangen Tiraden zu Boden schlugen, rief mit blitzenden Augen: Beim heiligen Dionys, Ihr habt recht, Fräulein!

Diese geistreiche Antwort beeindruckte den König so sehr, dass er beschloss, keine neuen Sondermaßnahmen einzuführen, sondern Argenson und La Regnie ihre Arbeit fortsetzen zu lassen. Die Scuderi hatte mit ihrem Witz und ihrer Schlagfertigkeit die Gunst des Königs gewonnen.

Der mysteriöse Schmuck und seine Verbindung zu einer Mordserie

Einige Monate später fuhr die Scuderi in der Kutsche der Herzogin von Montansier über den Pontneuf. Plötzlich drängte sich ein junger Mann durch die Menge, öffnete den Kutschenschlag und warf der Scuderi einen Zettel in den Schoß. Die Martiniere erkannte in ihm denselben Mann, der nachts das Kästchen gebracht hatte.

Der Zettel enthielt die dringende Bitte, den erhaltenen Schmuck unter einem Vorwand zu René Cardillac zu bringen, da davon das Leben des Schreibers abhänge. Die Scuderi, beunruhigt aber entschlossen, begab sich am nächsten Tag zu Cardillacs Haus in der Straße Nicaise.

Dort fand sie eine aufgebrachte Menschenmenge vor. Ein Mann wurde in Ketten abgeführt, während ein junges Mädchen verzweifelt seine Unschuld beteuerte. Die Scuderi erfuhr von Desgrais, dass René Cardillac ermordet worden war und sein Geselle Olivier Brusson als Täter verhaftet wurde. Das verzweifelte Mädchen war Madelon, Cardillacs Tochter und Oliviers Geliebte.

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Madelon Cardillac — junge Tochter von René Cardillac, Verlobte von Olivier Brußon, schön wie der Tag, engelsrein, treu und liebevoll, kämpft verzweifelt für die Unschuld ihres Geliebten.

René Cardillac: Der Meistergoldschmied mit seltsamem Verhalten

René Cardillac war der geschickteste Goldschmied in Paris, bekannt für seine außergewöhnliche Kunstfertigkeit. Er war ein Mann über fünfzig, kräftig gebaut, mit rötlichem Haar und stechenden Augen. Trotz seiner Meisterschaft zeigte er ein seltsames Verhalten: Er nahm Aufträge nur widerwillig an und weigerte sich oft, die fertigen Schmuckstücke auszuliefern.

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René Cardillac — berühmter Goldschmied in Paris, über 50 Jahre alt, äußerlich rechtschaffen und ehrlich, heimlich jedoch ein besessener Mörder und Dieb, Vater von Madelon.

Wenn er gezwungen war, ein Stück abzugeben, zeigte er deutliche Anzeichen von Verdruss. Manchmal bat er Kunden unter Tränen, ihre Bestellungen zurückzunehmen. Für manche Personen, wie die Maintenon, weigerte er sich grundsätzlich zu arbeiten. Sein Verhalten war so widersprüchlich, dass es in Paris zum Stadtgespräch wurde.

Als die Scuderi den Schmuck von Cardillac zurückerhielt, bestand er darauf, dass sie ihn als Geschenk behalten solle. Er zeigte eine ungewöhnliche Verehrung für die alte Dame und verließ ihr Haus in einem Zustand höchster Erregung. Die Maintenon scherzte, Cardillac sei wohl in die Scuderi verliebt, und diese verfasste darüber ein humoristisches Gedicht, das sie dem König vorlas.

Der Mord an Cardillac und die Verhaftung seines Gesellen Olivier

Nach Cardillacs Ermordung wurde sein Geselle Olivier Brusson verhaftet. Die Beweise gegen ihn schienen erdrückend: Er wurde mit Cardillacs Leiche angetroffen, in seiner Kammer fand man einen blutigen Dolch, der genau zur Wunde passte, und seine Aussagen waren widersprüchlich. Olivier behauptete, Cardillac sei in seiner Gegenwart auf der Straße angegriffen worden, und er habe den sterbenden Meister nach Hause getragen.

Die Nachbarn bezeugten jedoch, dass Cardillac sein Haus in jener Nacht nicht verlassen hatte. Claude Patru, der im Erdgeschoss wohnte, hatte gehört, wie Cardillac um neun Uhr die Haustür verschloss und in sein Schlafzimmer ging. Erst nach Mitternacht hörten er und seine Aufwärterin Schritte, einen schweren Fall und Stöhnen.

La Regnie war überzeugt, dass Olivier nicht nur Cardillac ermordet hatte, sondern auch zu der berüchtigten Bande von Raubmördern gehörte, die Paris terrorisierte. Tatsächlich hatten die Raubmorde seit Oliviers Verhaftung aufgehört, was für La Regnie ein weiterer Beweis seiner Schuld war.

Madelons Flehen um Hilfe für ihren geliebten Olivier

Die Scuderi nahm Madelon, die von Desgrais verhaftet werden sollte, in ihr Haus auf. Das Mädchen erzählte, wie sie in der Mordnacht von Olivier geweckt wurde, der ihr mitteilte, dass ihr Vater im Sterben liege. Sie fanden Cardillac mit einer Wunde in der Brust. Bevor er starb, nahm er ihre Hand und die Oliviers und legte sie ineinander, als wolle er ihren Bund segnen.

Madelon beteuerte die Unschuld ihres Geliebten und beschrieb ihn als tugendhaft und treu. Sie erzählte, wie Olivier ihren Vater wie seinen eigenen verehrt hatte und wie Cardillac ihn trotz seiner Armut als Schwiegersohn akzeptiert hatte. Die Scuderi war tief gerührt von Madelons Leiden und begann, an Oliviers Schuld zu zweifeln.

Ganz zerrissen im Innern, entzwei mit allem Irdischen wünschte die Scuderi, nicht mehr in einer Welt voll höllischen Truges zu leben. Sie klagte das Verhängnis an, das in bitterm Hohn ihr so viele Jahre gegönnt, ihren Glauben an Tugend und Treue zu stärken.

Entschlossen, die Wahrheit herauszufinden, befragte die Scuderi die Nachbarn und Hausleute. Alle bestätigten Oliviers guten Charakter und konnten sich seine Tat nicht erklären. Dennoch sprachen die Beweise gegen ihn, und die Scuderi beschloss, sich an La Regnie zu wenden.

Scuderis Ermittlungen und das Gespräch mit La Regnie

Die Scuderi besuchte La Regnie und trug ihm alle Umstände vor, die für Oliviers Unschuld sprachen. Der Präsident hörte sie höflich an, zeigte sich aber unbeeindruckt. Er erklärte, dass die Beweise gegen Olivier erdrückend seien und deutete an, dass auch Madelon in die Verbrechen verwickelt sein könnte, ähnlich wie bei der berüchtigten Giftmörderin Brinvillier.

Erschüttert von La Regnies Kälte und seinem Verdacht gegen Madelon bat die Scuderi spontan, Olivier im Gefängnis besuchen zu dürfen. La Regnie gewährte ihr diese Bitte, vielleicht in der Hoffnung, dass sie sich von Oliviers Schuld überzeugen würde.

In der Conciergerie erlebte die Scuderi einen Schock: Sie erkannte in Olivier Brusson denselben jungen Mann, der ihr auf dem Pontneuf den Zettel zugeworfen und zuvor das Kästchen mit dem Schmuck gebracht hatte. Überwältigt von diesem Beweis seiner Verstrickung in die Verbrechen, brach sie die Begegnung ab und verließ das Gefängnis in großer Verwirrung.

Der Besuch im Gefängnis und die Entdeckung einer überraschenden Verbindung

Trotz ihrer Erschütterung konnte die Scuderi Madelon nicht aus ihrem Haus weisen. Das Mädchen spürte jedoch die Veränderung und fürchtete, dass auch die Scuderi nun an Oliviers Schuld glaubte. Ihre verzweifelte Trauer berührte die alte Dame, und sie beschloss, Olivier noch einmal zu besuchen, um die Wahrheit zu erfahren.

Bei diesem zweiten Besuch fiel Olivier vor der Scuderi auf die Knie und gestand, dass er der Sohn ihrer ehemaligen Pflegetochter Anne Guiot sei. Die Scuderi war erschüttert - sie hatte Anne wie eine Tochter aufgezogen und deren Hochzeit mit Claude Brusson arrangiert. Das Paar war mit ihrem kleinen Sohn Olivier nach Genf gezogen, und der Kontakt war abgebrochen.

Olivier erzählte, wie er nach dem Tod seiner Eltern in Armut aufgewachsen und schließlich nach Paris gekommen war, um bei dem berühmten Goldschmied Cardillac zu lernen. Er hatte gehofft, die Scuderi, von der seine Mutter oft gesprochen hatte, aufzusuchen, doch die Umstände hatten es verhindert.

Oliviers Vergangenheit und seine Beziehung zu Scuderis Pflegetochter

Olivier berichtete, wie er bei Cardillac Arbeit gefunden und sich in dessen Tochter Madelon verliebt hatte. Anfangs hatte Cardillac ihn abgewiesen und aus dem Haus geworfen, als er die Liebe zwischen den jungen Leuten bemerkte. Olivier war verzweifelt und schlich nachts um Cardillacs Haus, in der Hoffnung, Madelon zu sehen.

Eines Nachts beobachtete er, wie Cardillac durch eine geheime Öffnung in der Hausmauer auf die Straße schlüpfte. Neugierig folgte er seinem Meister und wurde Zeuge, wie dieser einen vorübergehenden Edelmann überfiel und mit einem Dolchstoß tötete. Erschüttert erkannte Olivier, dass Cardillac der gefürchtete Raubmörder war, der Paris in Angst und Schrecken versetzte.

Wie durch Zauber fest gebannt muß ich fort - nach - dem gespenstischen Nachtwanderer. Dafür halte ich den Meister, unerachtet nicht die Zeit des Vollmonds ist, in der solcher Spuk die Schlafenden betört.

Trotz dieser Entdeckung nahm Olivier Cardillacs überraschendes Angebot an, in sein Haus zurückzukehren und Madelon zu heiraten. Er war gefangen zwischen seiner Liebe zu Madelon und dem Wissen um die Verbrechen ihres Vaters. Cardillac schien seine Zuneigung zu Olivier wiedergefunden zu haben und vertraute ihm schließlich sein dunkles Geheimnis an.

Die erschütternde Wahrheit über Cardillac als Serientäter

Cardillac offenbarte Olivier, dass er seit seiner Kindheit von einer unnatürlichen Leidenschaft für Juwelen besessen war. Diese Besessenheit hatte ihren Ursprung in einem Erlebnis seiner Mutter während ihrer Schwangerschaft: Sie war von einem Kavalier mit einer prächtigen Juwelenkette fasziniert gewesen, der kurz darauf in ihren Armen starb. Dieses traumatische Ereignis hatte Cardillac geprägt.

Die Schrecken jenes fürchterlichen Augenblicks hatten mich getroffen. Mein böser Stern war aufgegangen und hatte den Funken hinabgeschossen, der in mir eine der seltsamsten und verderblichsten Leidenschaften entzündet.

Als Goldschmied konnte er seiner Leidenschaft für Juwelen nachgehen, doch sobald er ein Schmuckstück fertiggestellt und abgeliefert hatte, wurde er von einer inneren Unruhe und dem Drang befallen, es zurückzuholen. Diese Besessenheit trieb ihn dazu, seinen Kunden nachzustellen, sie zu überfallen und zu töten, um den Schmuck zurückzugewinnen.

Wie ein Gespenst stand Tag und Nacht die Person, für die ich gearbeitet, mir vor Augen, geschmückt mit meinem Geschmeide, und eine Stimme raunte mir in die Ohren: Es ist ja dein - es ist ja dein - nimm es doch - was sollen die Diamanten dem Toten!

Cardillac hatte in seinem Haus einen geheimen Raum eingerichtet, in dem er alle geraubten Schmuckstücke aufbewahrte. Er zeigte Olivier diesen verborgenen Schatz und verlangte von ihm den Schwur, nach seinem Tod alle Juwelen zu vernichten. Olivier, gefangen zwischen Liebe zu Madelon und Entsetzen über Cardillacs Taten, schwieg und wurde so zum unfreiwilligen Mitwisser.

Nur für die Scuderi hatte Cardillac eine besondere Verehrung empfunden. Er glaubte, dass ihre Tugend den Einfluss seines "bösen Sterns" überwinden könne, und hatte ihr deshalb den Schmuck geschenkt. Olivier hatte versucht, die Scuderi zu warnen, als Cardillac den Schmuck zurückfordern wollte.

Scuderis Kampf für Oliviers Freilassung

Olivier erzählte weiter, wie er in der Mordnacht Cardillac gefolgt war und gesehen hatte, wie dieser von einem Offizier, den er angreifen wollte, erstochen wurde. Er hatte den sterbenden Meister nach Hause getragen, wo dieser vor seinem Tod die Hände der jungen Leute ineinanderlegte. Olivier hatte geschwiegen, um Madelon vor der schrecklichen Wahrheit über ihren Vater zu schützen.

Gefangen in diesem Labyrinth des Verbrechens, zerrissen von Liebe und Abscheu, von Wonne und Entsetzen, war ich dem Verdammten zu vergleichen, dem ein holder Engel mild lächelnd hinaufwinkt, aber mit glühenden Krallen festgepackt hält ihn der Satan.

Die Scuderi, überzeugt von Oliviers Unschuld, wandte sich an den Rechtsanwalt d'Andilly, um Rat zu suchen. Dieser erklärte, dass die Beweise gegen Olivier zu stark seien und selbst wenn er Cardillacs Verbrechen enthüllte, er als Mitwisser bestraft werden würde. Der einzige Ausweg sei ein Aufschub des Verfahrens und dann ein Gnadengesuch an den König.

Die Scuderi verfasste einen Brief an La Regnie, in dem sie Oliviers Unschuld beteuerte. Der Präsident antwortete höflich, aber unnachgiebig und deutete an, dass Olivier unter Folter zum Geständnis gebracht werden sollte. In ihrer Verzweiflung suchte die Scuderi nach einem Weg, den König direkt anzusprechen.

Graf Miossens' entscheidendes Zeugnis gegen Cardillac

Eine unerwartete Wendung brachte der Besuch des Grafen von Miossens, eines Offiziers der königlichen Garde. Er gestand der Scuderi, dass er derjenige war, der Cardillac in Notwehr getötet hatte. Der Goldschmied hatte ihn auf der Straße angegriffen, doch Miossens trug einen Brustharnisch unter seiner Kleidung und konnte sich wehren.

Miossens hatte geschwiegen, weil er fürchtete, in einen langwierigen Prozess verwickelt zu werden, in dem man ihm nicht glauben würde, dass der angesehene Cardillac ein Mörder war. Er bestätigte, dass Olivier nach dem Kampf erschienen war und den verletzten Cardillac fortgetragen hatte. Miossens war bereit, vor Gericht auszusagen, dass er Olivier als denjenigen erkannt hatte, der Cardillacs Leichnam wegtrug.

Mit d'Andillys Hilfe wurde ein Plan entwickelt: Miossens sollte seine Aussage machen, um einen Aufschub des Verfahrens zu erwirken. In der Zwischenzeit würde die Scuderi versuchen, direkt beim König Gnade für Olivier zu erbitten. Miossens' Zeugnis bewirkte tatsächlich den erhofften Aufschub, und die Folter wurde ausgesetzt.

Die Scuderi kleidete sich in ein schwarzes Gewand, schmückte sich mit Cardillacs Juwelen und erschien so bei der Maintenon, als der König anwesend war. Sie erzählte die ganze Geschichte von Olivier und Madelon und flehte um Gnade für den unschuldig Angeklagten. Der König war tief bewegt von ihrer Erzählung.

Die königliche Begnadigung und ein neuer Anfang für Olivier und Madelon

Nach einigen Tagen der Ungewissheit ließ der König die Scuderi zu sich rufen und verkündete: "Ich wünsche Euch Glück, mein Fräulein! Euer Schützling, Olivier Brusson, ist frei!" Er hatte persönlich den Fall untersuchen lassen und war von Oliviers Unschuld überzeugt. Als Zeichen seiner Gunst schenkte er Madelon tausend Louis als Mitgift, mit der Auflage, dass das Paar Paris verlassen müsse.

Als die Scuderi nach Hause kam, fand sie dort ein überglückliches junges Paar vor. Olivier und Madelon fielen ihr zu Füßen und dankten ihr unter Tränen für ihre Rettung. Wenige Tage später wurden sie getraut und verließen Paris in Richtung Genf, wo Olivier als Goldschmied arbeiten wollte.

Ein Jahr nach ihrer Abreise erschien in Paris eine öffentliche Bekanntmachung: Ein reuiger Sünder hatte der Kirche unter dem Siegel der Beichte einen Schatz an geraubten Juwelen übergeben. Alle, denen bis Ende 1680 Schmuck geraubt worden war, konnten sich melden und ihre Besitztümer zurückerhalten. Die nicht beanspruchten Stücke fielen dem Kirchenschatz von St. Eustache zu.

Nun wußte ich, was mein böser Stern wollte, ich mußt' ihm nachgeben oder untergehen! - Glaube nicht, daß ich darum, weil ich tun muß, was ich nicht lassen kann, jenem Gefühl des Mitleids, des Erbarmens entsagt habe.

So fand die Geschichte von Cardillacs Verbrechen einen versöhnlichen Abschluss. Olivier und Madelon lebten in Genf ein glückliches Leben, fern von den schrecklichen Ereignissen in Paris, während die Opfer der Raubmorde zumindest einen Teil ihres Eigentums zurückerhielten.