Daumerlings Wanderschaft (Grimm)
Sehr kurzes Inhaltsverzeichnis
MĂ€rchenhaftes Mitteleuropa, unbestimmte Zeit. Daumerling wollte die Welt sehen und zog hinaus.
In einem fremden Haus beklagte er das Essen und lieĂ sich nicht schikanieren, worauf er fortgejagt wurde. RĂ€uber baten den winzigen Jungen, des Königs Schatzkammer durch einen TĂŒrspalt zu plĂŒndern. Er warf ihnen das Geld hinaus, neckte die gefoppten Wachen und entkam geschickt auf einem Taler.
Im Gasthaus verriet er die MĂ€gde, da schoben sie ihn einer Kuh unters Futter, die ihn verschluckte. Nachdem die Kuh geschlachtet wurde, drohte ihm Gefahr: âNun hatte der arme Daumerling seine Noth, aber die Noth macht Beine, und da sprang er so behend zwischen den Hackmessern durch, daĂ ihn keins anrĂŒhrte, und er mit heiler Haut davon kam.â
Nun hatte der arme Daumerling seine Noth, aber die Noth macht Beine, und da sprang er so behend zwischen den Hackmessern durch, daĂ ihn keins anrĂŒhrte, und er mit heiler Haut davon kam.
Er gelangte in eine Blutwurst, entkam auch daraus knapp und wurde beinahe von einem Fuchs verschluckt. Mit List versprach er ihm heimische HĂŒhner fĂŒr seine Freiheit. So gerettet, kehrte er heim, und sein Vater gab dem Fuchs gerne alle HĂŒhner, weil ihm der Sohn lieber war.
AusfĂŒhrliche Zusammenfassung
Die Einteilung in Kapitel ist redaktionell.
Der kleine Schneider bricht in die weite Welt auf
Ein Schneider hatte einen winzigen Sohn, der nicht gröĂer als ein Daumen war und deshalb Daumerling genannt wurde. Obwohl klein, war der Junge mutig und wollte in die weite Welt hinausziehen.
Ein Schneider hatte einen Sohn, der war klein gerathen und nicht gröĂer als ein Daumen, darum hieĂ er auch der Daumerling. Er hatte aber Courage im Leibe und sagte zu seinem Vater âVater, ich soll und muĂ in die Welt hinausâ.
Der Vater gab ihm einen Degen mit auf den Weg, den er aus einer Stopfnadel mit einem Siegellackknopf gemacht hatte. Als Daumerling in die KĂŒche ging, um zu sehen, was seine Mutter zum Abschied gekocht hatte, steckte er seinen Kopf zu weit in die SchĂŒssel. Der Dampf erfasste ihn und trug ihn durch den Schornstein hinaus in die weite Welt.
Abenteuer bei der Frau Meisterin
Daumerling wanderte umher und fand Arbeit bei einem Meister. Doch das Essen gefiel ihm nicht, und er beschwerte sich bei der Frau Meisterin. Er drohte, mit Kreide an ihre HaustĂŒr zu schreiben: âKartoffel zu viel, Fleisch zu wenig, Adies, Herr Kartoffelkönig.â
Die Meisterin wurde wĂŒtend und versuchte, ihn mit einem Lappen zu schlagen. Daumerling versteckte sich geschickt unter einem Fingerhut und streckte ihr die Zunge heraus. Als sie den Fingerhut anhob, sprang er in die Lappen. WĂ€hrend sie die Lappen durchsuchte, versteckte er sich in einer Tischritze und neckte sie weiter. SchlieĂlich erwischte sie ihn doch und jagte ihn aus dem Haus.
Daumerling hilft den RÀubern, den Schatz des Königs zu stehlen
Im Wald traf Daumerling auf eine Gruppe von RĂ€ubern, die den Schatz des Königs stehlen wollten. Sie erkannten, dass der kleine Kerl durch ein SchlĂŒsselloch kriechen und ihnen helfen könnte. Sie nannten ihn scherzhaft âRiese Goliathâ und fragten, ob er mit zur Schatzkammer gehen wolle.
Als sie das Schneiderlein sahen, dachten sie âso ein kleiner Kerl kann durch ein SchlĂŒsselloch kriechen und uns als Dietrich dienenâ. âHedaâ, rief einer, âdu Riese Goliath, willst du mit zur Schatzkammer gehen?â
Daumerling willigte ein und kroch durch einen Ritz in die Schatzkammer. Eine Wache bemerkte ihn und hielt ihn fĂŒr eine Spinne, wollte ihn zertreten, doch die andere Wache lieĂ ihn gewĂ€hren. In der Kammer öffnete er das Fenster und warf den RĂ€ubern die Taler hinaus.
Als der König kam, um seine Schatzkammer zu inspizieren, versteckte sich Daumerling. Der König bemerkte den Diebstahl und befahl den Wachen, aufzupassen. Als Daumerling seine Arbeit fortsetzte, hörten die Wachen das Klimpern der MĂŒnzen und eilten hinein. Doch Daumerling versteckte sich unter Talern und neckte die Wachen, indem er rief: âHier bin ich!â und dann an einen anderen Ort sprang. Nachdem er alle Taler hinausgeworfen hatte, sprang er selbst hinaus.
Die RĂ€uber lobten ihn als Helden und boten ihm an, ihr Hauptmann zu werden. Daumerling lehnte ab, da er sich erst in der Welt umsehen wollte. Bei der Beuteteilung nahm er nur einen Kreuzer, weil er nicht mehr tragen konnte.
Arbeit im Gasthof und die Rache der MĂ€gde
Daumerling versuchte wieder als Schneider zu arbeiten, doch es gefiel ihm nicht. SchlieĂlich fand er eine Stelle als Hausknecht in einem Gasthof. Die MĂ€gde mochten ihn nicht, weil er alles sah, was sie heimlich taten, und es der Herrschaft meldete, wenn sie Essen von den Tellern nahmen oder etwas aus dem Keller holten.
Die MĂ€gde beschlossen, sich an ihm zu rĂ€chen. Als eine von ihnen im Garten mĂ€hte und Daumerling zwischen den KrĂ€utern herumspringen sah, mĂ€hte sie ihn mit dem Gras zusammen, band alles in ein Tuch und warf es den KĂŒhen vor. Eine groĂe schwarze Kuh verschluckte ihn, ohne ihm wehzutun.
Vom Kuhbauch bis zur Blutwurst
Im Bauch der Kuh gefiel es Daumerling nicht, denn es war finster. Als die Kuh gemolken wurde, rief er: âStrip, strap, stroll, ist der Eimer bald voll?â Doch beim Melken wurde er nicht gehört. SpĂ€ter kam der Hausherr in den Stall und sagte, dass die Kuh am nĂ€chsten Tag geschlachtet werden sollte.
Daumerling bekam Angst und rief laut: âLasst mich erst heraus, ich sitze ja drin!â Der Hausherr hörte die Stimme, wusste aber nicht, woher sie kam. Am nĂ€chsten Tag wurde die Kuh geschlachtet. GlĂŒcklicherweise traf Daumerling kein Hieb, aber er geriet unter das Wurstfleisch.
Als der Metzger seine Arbeit begann, schrie Daumerling: âHackt nicht zu tief, hackt nicht zu tief, ich stecke ja drunter!â Doch niemand hörte ihn wegen des LĂ€rms der Hackmesser. In seiner Not sprang er geschickt zwischen den Messern hindurch und kam mit heiler Haut davon. Entkommen konnte er jedoch nicht und wurde mit den Speckbrocken in eine Blutwurst gestopft.
Da war das Quartier etwas enge, und dazu ward er noch in den Schornstein zum RÀuchern aufgehÀngt, wo ihm Zeit und Weile gewaltig lang wurde. Endlich im Winter wurde er herunter geholt, weil die Wurst einem Gaste sollte vorgesetzt werden.
Als die Wirtin die Wurst in Scheiben schnitt, passte Daumerling auf, dass sein Kopf nicht abgeschnitten wurde. SchlieĂlich nutzte er seine Chance, machte sich Luft und sprang heraus. In dem Haus, wo es ihm so ĂŒbel ergangen war, wollte er nicht lĂ€nger bleiben und machte sich wieder auf die Wanderschaft.
Begegnung mit dem Fuchs und Heimkehr
Auf dem offenen Feld begegnete Daumerling einem Fuchs, der ihn in Gedanken verschluckte. Daumerling rief: âEi, Herr Fuchs, ich bin's ja, der in eurem Hals steckt, lasst mich wieder frei.â Der Fuchs antwortete, dass er an Daumerling so gut wie nichts habe und ihn freilassen wĂŒrde, wenn er ihm die HĂŒhner seines Vaters verspreche.
âEi, Herr Fuchsâ, riefs Schneiderlein, âich bins ja, der in eurem Hals steckt, laĂt mich wieder frei.â âDu hast rechtâ, antwortete der Fuchs, âan dir hab ich doch so viel als nichts; versprichst du mir die HĂŒhner...?â
Daumerling versprach dem Fuchs alle HĂŒhner, und dieser lieĂ ihn frei und trug ihn nach Hause. Als der Vater seinen lieben Sohn wiedersah, gab er dem Fuchs gerne alle seine HĂŒhner. Daumerling ĂŒberreichte seinem Vater den Kreuzer, den er auf seiner Wanderschaft erworben hatte. Auf die Frage, warum der Fuchs die armen HĂŒhner fressen durfte, antwortete der Vater: âEi, du Narr, deinem Vater wird ja wohl ein Kind lieber sein als die HĂŒhner auf dem Hof.â