Daumesdick (Grimm)
Sehr kurzes Inhaltsverzeichnis
Ein arme Bauersleutepaar wünschte sich sehnlichst ein Kind, sei es auch nur so groß wie ein Daumen. Als sich ihr Wunsch erfüllte, bekamen sie einen Sohn namens Daumesdick.
Eines Tages steuerte Daumesdick geschickt für seinen Vater den Wagen, indem er dem Pferd aus dem Ohr Befehle gab. Zwei Männer wollten Daumesdick kaufen und ihn auf einem Hutrand mitnehmen. Doch Daumesdick glitt unterwegs heimlich in ein Mauseloch und ließ sie enttäuscht zurück. Von dort geriet er zu zwei Dieben, täuschte sie aber clever und wurde in das Pfarrhaus gebracht, wo er laut nach dem gewünschten Raubgut schrie. Die Diebe flohen entsetzt, und Daumesdick versteckte sich in einer Scheune.
Durch Zufall wurde Daumesdick von einer Kuh mit Heu verschluckt, überlebte aber im Kuhmagen. Als der Pfarrer seine Stimme aus der Kuh hörte, glaubte er an böse Mächte und ließ die Kuh schlachten. Unglücklicherweise verschlang ein Wolf den herausgeworfenen Magen samt Daumesdick darin. Daumesdick hatte aber einen Plan: Er lotste den Wolf in seines Vaters Vorratskammer, wo dieser sich satt fraß und feststeckte. Er begann daraufhin, laut zu lärmen.
Darauf hatte Daumesdick gerechnet und fieng nun an in dem Leib des Wolfs einen gewaltigen Lärmen zu machen, tobte und schrie, was er konnte. “Willst du stille sein”, sprach der Wolf, “du weckst die Leute auf.”
Von diesem Lärm erwachten seine Eltern, töteten den Wolf und retteten ihren Sohn aus dessen Leib. Der erleichterte Daumesdick kehrte zu seinen Eltern zurück, gestand müde seine Abenteuer und versprach, zuhause zu bleiben. In Freude gaben ihm seine Eltern neue Kleider und behielten ihn voller Liebe.
Ausführliche Zusammenfassung
Die Einteilung in Kapitel ist redaktionell.
Geburt und Kindheit des daumengroßen Jungen
Ein armes Bauernpaar sehnte sich nach einem Kind. Eines Abends, als der Mann am Herd saß und seine Frau spann, klagten sie über ihre Kinderlosigkeit und die Stille in ihrem Haus.
“Ja”, antwortete die Frau und seufzte, “wenns nur ein einziges wäre, und wenns auch ganz klein wäre, nur Daumes groß, so wollt ich schon zufrieden sein; wir hättens doch von Herzen lieb.”
Bald darauf wurde die Frau krank und gebar nach sieben Monaten ein Kind, das zwar vollkommen an allen Gliedern, aber nur so groß wie ein Daumen war. Sie nannten es Daumesdick und liebten es sehr. Obwohl das Kind nicht wuchs, zeigte es sich als klug und geschickt.
Daumesdick hilft seinem Vater und wird an Fremde verkauft
Eines Tages wollte der Vater in den Wald gehen, um Holz zu fällen. Er wünschte sich, dass jemand ihm den Wagen nachbringen könnte. Daumesdick bot sofort seine Hilfe an und versprach, den Wagen rechtzeitig in den Wald zu bringen.
Der Vater lachte zunächst, willigte aber ein, es zu versuchen. Die Mutter spannte das Pferd an, und Daumesdick setzte sich ins Ohr des Pferdes, um ihm Anweisungen zu geben. So fuhr der Wagen ordentlich zum Wald.
Unterwegs bemerkten zwei fremde Männer den Wagen, der ohne sichtbaren Fuhrmann fuhr. Sie folgten ihm bis zum Holzplatz. Als Daumesdick seinen Vater sah, bat er ihn, ihn herunterzuholen. Die fremden Männer waren erstaunt über den kleinen Kerl und boten dem Vater Geld für ihn an.
Der Vater lehnte zunächst ab, doch Daumesdick flüsterte ihm ins Ohr, er solle ihn nur verkaufen, er würde schon wieder zurückkommen. So verkaufte der Vater seinen Sohn für ein schönes Stück Geld. Daumesdick setzte sich auf den Hutrand eines der Männer, und sie machten sich auf den Weg.
Schlaue Flucht von den Fremden
Als es dämmerte, bat Daumesdick, ihn herunterzulassen, weil er ein natürliches Bedürfnis habe. Die Männer setzten ihn auf einen Acker, wo er zwischen den Schollen hin und her kroch und plötzlich in ein Mauseloch schlüpfte. Er rief ihnen zu, sie sollten ohne ihn heimgehen, und lachte sie aus.
Die Männer stocherten vergeblich mit Stöcken im Mauseloch herum. Als es dunkel wurde, mussten sie mit Ärger und leerem Beutel heimkehren. Daumesdick kroch aus dem unterirdischen Gang hervor und fand ein leeres Schneckenhaus, in dem er die Nacht verbringen wollte.
Das Abenteuer im Haus des Pfarrers
Kurz bevor er einschlief, hörte Daumesdick zwei Männer vorbeigehen, die darüber sprachen, wie sie den reichen Pfarrer bestehlen könnten. Daumesdick rief ihnen zu, dass er ihnen helfen könne. Die Diebe waren zunächst erschrocken, nahmen ihn aber schließlich mit.
Beim Pfarrhaus angekommen, kroch Daumesdick durch die Eisenstäbe in die Kammer. Dort begann er laut zu rufen, ob die Diebe alles haben wollten. Die Diebe erschraken und baten ihn, leiser zu sein. Doch Daumesdick schrie absichtlich noch lauter, sodass die Köchin erwachte.
Die Diebe flohen, und die Magd kam mit einem Licht. Daumesdick entkam unbemerkt in die Scheune und versteckte sich im Heu, um bis zum Morgen zu schlafen und dann zu seinen Eltern zurückzukehren.
Vom Kuhbauch in den Wolfsleib
Am frühen Morgen kam die Magd, um das Vieh zu füttern. Sie nahm einen Arm voll Heu, in dem Daumesdick schlief, und gab es der Kuh. Daumesdick erwachte erst im Maul der Kuh und rutschte in ihren Magen hinab.
“Ach Gott”, rief er, “wie bin ich in die Walkmühle gerathen!” merkte aber bald, wo er war. Da hieß es aufpassen, daß er nicht zwischen die Zähne kam und zermalmt ward.
Als die Magd die Kuh melkte, hörte sie Daumesdick rufen: "Bringt mir kein frisch Futter mehr!" Sie erschrak und holte den Pfarrer. Als dieser die sprechende Kuh hörte, glaubte er, sie sei von einem bösen Geist besessen, und ließ sie töten.
Der Magen mit Daumesdick darin wurde auf den Mist geworfen. Als er gerade seinen Kopf herausstrecken wollte, kam ein hungriger Wolf vorbei und verschlang den ganzen Magen. Daumesdick sprach aus dem Wolfsbauch und versprach dem Wolf einen herrlichen Fraß im Haus seiner Eltern.
Daumesdicks Rückkehr zu seinen Eltern
Der Wolf folgte Daumesdicks Anweisungen, kroch durch die Gosse ins Haus und fraß sich in der Vorratskammer satt. Als er wieder hinaus wollte, war er zu dick geworden und steckte fest. Daumesdick begann nun, im Leib des Wolfes zu lärmen und zu schreien.
Davon erwachten seine Eltern. Der Vater holte die Axt, die Mutter die Sense. Als sie in die Kammer traten, rief Daumesdick: "Lieber Vater, ich bin hier, ich stecke im Leibe des Wolfs!" Der Vater erschlug den Wolf mit einem Schlag auf den Kopf.
Dann schnitten sie den Wolf auf und holten Daumesdick heraus. Der Vater freute sich sehr, seinen Sohn wiederzuhaben. Daumesdick erzählte von seinen Abenteuern in der weiten Welt.
“Ach Vater, ich bin viel in der Welt herumgekommen; gottlob, daß ich wieder frische Luft schöpfe.” “Wo bist du denn all gewesen?” “Ach Vater, ich war in einem Mauseloch, in einer Kuh Bauch und in eines Wolfes Wanst”
Die Eltern versprachen, ihn nie wieder zu verkaufen, herzten und küssten ihren lieben Daumesdick, gaben ihm zu essen und zu trinken und ließen ihm neue Kleider machen, da seine alten auf der Reise verdorben waren.