Der Zaunkönig und der Bär (Grimm)
Die Einteilung in Kapitel ist redaktionell.
Die Begegnung zwischen dem Bären und dem Zaunkönig
Zur Sommerzeit gingen der Bär und der Wolf gemeinsam im Wald spazieren. Plötzlich hörte der Bär einen wunderschönen Gesang und fragte seinen Begleiter, welcher Vogel so schön singe. Der Wolf erklärte, dass es der König der Vögel sei, vor dem sie sich verneigen müssten. Es handelte sich um den Zaunkönig.
Der Bär war neugierig und wollte den königlichen Palast sehen. Der Wolf riet zur Geduld, bis die Königin käme. Bald darauf erschienen der Zaunkönig und seine Frau mit Futter im Schnabel, um ihre Jungen zu füttern.
Der Wolf hielt den Bären zurück und meinte, sie müssten warten, bis das Königspaar wieder fort sei. Sie merkten sich die Stelle des Nestes und gingen weiter. Der Bär jedoch war zu ungeduldig und kehrte kurz darauf zurück, um den Palast zu sehen.
Die Beleidigung der jungen Zaunkönige
Als der Bär zum Nest zurückkehrte, waren die Eltern ausgeflogen. Er schaute hinein und sah fünf oder sechs junge Vögel liegen. Enttäuscht von dem einfachen Nest rief er aus, dass dies ein erbärmlicher Palast sei und die Jungen keine echten Königskinder, sondern unehrliche Kinder seien.
“Ist das der königliche Palast?” rief der Bär, “das ist ein erbärmlicher Palast, ihr seid auch keine Königskinder, ihr seid unehrliche Kinder.” Wie das die jungen Zaunkönige hörten, wurden sie gewaltig bös.
Die jungen Zaunkönige wurden sehr wütend und protestierten heftig. Sie behaupteten, dass ihre Eltern ehrliche Leute seien und drohten dem Bären Konsequenzen an. Dem Bären und dem Wolf wurde angst, sie kehrten um und versteckten sich in ihren Höhlen.
Als die Eltern mit Futter zurückkehrten, weigerten sich die jungen Zaunkönige zu essen. Sie erklärten, dass sie verhungern würden, bis geklärt sei, ob sie ehrliche Kinder seien oder nicht. Der alte König beruhigte sie und versprach, die Sache zu klären.
Die Kriegserklärung und Versammlung der Armeen
Der Zaunkönig und seine Frau flogen zur Höhle des Bären und forderten ihn heraus. Der Zaunkönig rief in die Höhle, dass der Bär für die Beleidigung seiner Kinder büßen müsse und kündigte einen blutigen Krieg an.
“alter Brummbär, warum hast du meine Kinder gescholten? das soll dir übel bekommen, das wollen wir in einem blutigen Krieg ausmachen”. Also war dem Bäre der Krieg angekündigt
So wurde dem Bären der Krieg erklärt. Er rief alle vierfüßigen Tiere zusammen: Ochsen, Esel, Rinder, Hirsche, Rehe und alle anderen Landtiere.
Der Zaunkönig hingegen versammelte alle Luftbewohner: nicht nur die großen und kleinen Vögel, sondern auch Mücken, Hornissen, Bienen und Fliegen wurden herbeigerufen.
Die Spionage und Kriegsstrategie
Als der Krieg beginnen sollte, schickte der Zaunkönig Kundschafter aus, um den kommandierenden General der Feinde zu identifizieren. Die Mücke, die listigste von allen, schwärmte im Wald umher, wo sich die Feinde versammelten.
Sie setzte sich unter ein Blatt auf einem Baum, wo die Parole ausgegeben wurde. Dort stand der Bär und rief den Fuchs zu sich. Er ernannte ihn zum General, da er der schlauste unter allen Tieren sei und sie anführen solle.
Der Fuchs erklärte seinen Plan: Wenn er seinen schönen langen buschigen Schwanz in die Höhe halte, solle die Armee vorwärts marschieren. Lasse er ihn aber hängen, sollten alle so schnell wie möglich fliehen. Die Mücke hörte alles mit und flog zurück, um dem Zaunkönig den Plan zu verraten.
Die Schlacht zwischen Vögeln und vierfüßigen Tieren
Als der Tag der Schlacht anbrach, kamen die vierfüßigen Tiere mit solchem Getöse angerannt, dass die Erde zitterte. Auch der Zaunkönig erschien mit seiner Armee, die durch die Luft schwirrte, schrie und schwärmte, dass einem angst wurde.
Der Zaunkönig hatte einen klugen Plan. Er schickte die Hornisse hinab mit dem Auftrag, sich unter den Schwanz des Fuchses zu setzen und aus Leibeskräften zu stechen.
Als der Fuchs den ersten Stich bekam, zuckte er und hob ein Bein, hielt aber seinen Schwanz noch hoch. Beim zweiten Stich musste er den Schwanz kurz senken, und beim dritten Stich konnte er nicht mehr standhalten. Er schrie auf und klemmte den Schwanz zwischen die Beine.
Wie das die Thiere sahen, meinten sie, alles wäre verloren und fiengen an zu laufen, jeder in seine Höhle; und hatten die Vögel die Schlacht gewonnen.
Als die anderen Tiere das sahen, glaubten sie, alles sei verloren. Sie begannen zu fliehen, jedes in seine Höhle. So hatten die Vögel die Schlacht gewonnen.
Die Abbitte des Bären und der Triumph der Zaunkönige
Nach dem Sieg flogen der Herr König und die Frau Königin zu ihren Kindern zurück und verkündeten freudig, dass sie den Krieg gewonnen hätten. Die jungen Zaunkönige waren jedoch noch nicht zufrieden. Sie bestanden darauf, dass der Bär persönlich zum Nest kommen und Abbitte leisten müsse.
Der Zaunkönig flog zur Höhle des Bären und forderte ihn auf, zum Nest zu kommen und sich bei seinen Kindern zu entschuldigen. Er drohte, dass dem Bären sonst die Rippen im Leib zertreten würden.
“Brummbär, du sollst vor das Nest zu meinen Kindern gehen und Abbitte thun und sagen, daß sie ehrliche Kinder sind, sonst sollen dir die Rippen im Leib zertreten werden”
In größter Angst kroch der Bär zum Nest und leistete Abbitte. Erst jetzt waren die jungen Zaunkönige zufrieden. Sie setzten sich zusammen, aßen und tranken und feierten bis spät in die Nacht hinein ihren Triumph.