Nathan der Weise (Lessing)

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Nathan der Weise
Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen
1779
Inhaltsangabe des Dramas
Das Original liest sich in 195 Minuten
Kurzbeschreibung
Ein jüdischer Mann adoptierte eine christliche Waise. Nach kritischen Enthüllungen erkannten Juden, Christen und Muslime ihre bisher verborgene Verwandtschaft und lebten fortan versöhnt miteinander.

Kurzinhalt

Jerusalem während der Zeit der Kreuzzüge. Nach Reisen ins Ausland erfährt der wohlhabende jüdische Kaufmann Nathan, dass seine geliebte Pflegetochter Recha aus einem Hausbrand von einem jungen Tempelherrn gerettet wurde.

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Nathan — wohlhabender jüdischer Kaufmann mittleren Alters in Jerusalem, weise, tolerant und gütig, Pflegevater von Recha, respektiert für seine Weisheit und Menschlichkeit.

Der Sultan Saladin ringt zur selben Zeit mit finanziellen Schwierigkeiten und möchte sich von Nathan Geld leihen. Da Nathan als weise und tolerant gilt, möchte Saladin auch wissen, welche der drei Religionen – Judentum, Christentum oder Islam – die wahre sei. Nathan erzählt ihm daraufhin das Gleichnis von den drei Ringen, um ihm zu verdeutlichen, dass sich der Wert einer Religion im Handeln ihrer Anhänger zeigen müsse:

Es eifre jeder seiner unbestochnen von Vorurteilen freien Liebe nach! Es strebe von euch jeder um die Wette, die Kraft des Steins in seinem Ring' an Tag zu legen! komme dieser Kraft mit Sanftmut, mit herzlicher Verträglichkeit zu Hilf'!

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Saladin — muslimischer Sultan von Jerusalem, etwa 40-50 Jahre alt, edelmütig, großzügig und tolerant, in finanziellen Schwierigkeiten, Bruder von Sittah und Assad.

Der junge Tempelherr namens Curd von Stauffen verliebt sich in die schöne, kluge Recha. Währenddessen erzählt Rechas Gesellschafterin Daja diesem jedoch, dass Recha in Wahrheit ein getauftes Christenkind sei, das Nathan als Säugling vor dem Tod rettete und an Kindes statt aufnahm. Der nun verunsicherte Tempelherr berichtet darüber zuerst dem intoleranten, christlichen Patriarchen, bereut dies aber bald.

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Tempelherr (Curd von Stauffen) — junger christlicher Ritter, der von Saladin begnadigt wurde, stolz, temperamentvoll, verliebt sich in Recha, stellt sich später als Assads Sohn und Rechas Bruder heraus.

Bei weiterer Nachforschung enthüllt Nathan, dass Curd in Wahrheit der Sohn von Saladins verstorbenem Bruder Assad ist und Recha seine Schwester. In einer versöhnlichen Begegnung erkennen alle Beteiligten, dass Grenzen zwischen Religionen und Kulturen überwunden werden können, und finden als eine Familie zusammen.

Ausführliche Zusammenfassung nach Aufzügen

Die thematischen Titel der Aufzüge sind redaktionell.

Aufzug 1. Nathans Heimkehr und die Begegnung mit dem Tempelherrn

Das Drama beginnt mit der Rückkehr des jüdischen Kaufmanns Nathan nach Jerusalem. Seine christliche Gesellschafterin Daja empfängt ihn mit der Nachricht, dass während seiner Abwesenheit sein Haus in Brand geraten war und seine Tochter Recha nur knapp dem Tod entkommen ist. Ein junger Tempelherr hatte sie aus den Flammen gerettet.

Nathan ist dankbar für die Rettung seiner Tochter und möchte dem Tempelherrn seinen Dank aussprechen. Daja berichtet jedoch, dass der Retter nach seiner Tat verschwunden sei und sich seither weigere, Recha zu besuchen. Nathan erfährt, dass der Tempelherr nur deshalb am Leben ist, weil Sultan Saladin ihn begnadigt hat – eine ungewöhnliche Gnade, da Saladin normalerweise keine Tempelritter verschont.

Kurz darauf trifft Nathan seinen Freund Al-Hafi, der zum Schatzmeister des Sultans ernannt wurde. Al-Hafi klagt über seine neue Position und die Geldnöte Saladins. Er deutet an, dass der Sultan bald bei Nathan um finanzielle Unterstützung bitten könnte.

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Al-Hafi — Derwisch und Schatzmeister Saladins, ehrlich und direkt, Nathans Schachpartner, unzufrieden mit seiner Rolle am Hof, sehnt sich nach einem einfacheren Leben.

Schließlich begegnet Nathan dem Tempelherrn, der zunächst abweisend reagiert. Der Tempelherr lehnt Nathans Dankbarkeit ab und betont, dass er nur seine Pflicht getan habe. Er zeigt Vorurteile gegenüber Juden, doch Nathan begegnet ihm mit Weisheit und Offenheit. In ihrem Gespräch entwickelt sich langsam gegenseitiger Respekt.

Sind Christ und Jude eher Christ und Jude, als Mensch? Ah! wenn ich einen mehr in Euch gefunden hätte, dem es gnügt, ein Mensch zu heißen! [...] Wir müssen, müssen Freunde werden!

Aufzug 2. Saladins Geldnot und Nathans Einladung zum Sultan

Im zweiten Aufzug wird Sultan Saladin beim Schachspiel mit seiner Schwester Sittah gezeigt. Saladin ist in finanziellen Schwierigkeiten, da die erwarteten Gelder aus Ägypten noch nicht eingetroffen sind. Sittah schlägt vor, den reichen Juden Nathan um Hilfe zu bitten.

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Sittah — Saladins kluge und einfühlsame Schwester, etwa 30-40 Jahre alt, spielt gerne Schach mit ihrem Bruder, unterstützt ihn in seinen Plänen.

Al-Hafi wird beauftragt, Nathan zum Sultan zu bringen. Er warnt Nathan jedoch heimlich vor Saladins Absichten und schlägt vor, gemeinsam zu fliehen. Nathan lehnt ab und beschließt, sich dem Sultan zu stellen.

Kein Mensch muß müssen, und ein Derwisch müßte? Was müßt' er denn? [...] Warum man ihn recht bittet, und er für gut erkennt: das muß ein Derwisch. [...] Bei unserm Gott! da sagst du wahr. Das laß dich umarmen, Mensch!

Unterdessen entwickelt der Tempelherr Gefühle für Recha. Er sucht Nathan auf, um um ihre Hand anzuhalten. Nathan reagiert zurückhaltend und bittet um Bedenkzeit, was den Tempelherrn verärgert. Daja verrät dem Tempelherrn, dass Recha nicht Nathans leibliche Tochter, sondern eine Christin sei, die Nathan als Jüdin erzogen habe.

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Recha (Blanda von Filnek) — junge Frau, etwa 18 Jahre alt, Nathans Pflegetochter, intelligent, sensibel und tugendhaft, stellt sich als Tochter von Wolf von Filnek und Nichte Saladins heraus.
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Daja — christliche Gesellschafterin Rechas, mittleren Alters, religiös eifrig, besorgt um Rechas Seelenheil, verrät dem Tempelherrn Rechas wahre Herkunft.

Aufzug 3. Die Ringparabel und wachsende Zuneigung

Im dritten Aufzug findet das zentrale Gespräch zwischen Nathan und Saladin statt. Der Sultan stellt Nathan eine Falle, indem er ihn fragt, welche Religion die wahre sei: Judentum, Christentum oder Islam. Nathan erkennt die Gefahr und antwortet mit der berühmten Ringparabel.

Vor grauen Jahren lebt' ein Mann in Osten, der einen Ring von unschätzbarem Wert aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein Opal, der hundert schöne Farben spielte, und hatte die geheime Kraft, vor Gott und Menschen angenehm zu machen.

Nathan erzählt von einem Vater, der einen wertvollen Ring besaß, der seinen Träger vor Gott und Menschen angenehm machte. Traditionell vererbte der Vater den Ring an seinen liebsten Sohn. Als ein Vater jedoch alle drei Söhne gleich liebte, ließ er zwei identische Kopien anfertigen und gab jedem Sohn einen Ring. Nach seinem Tod stritten die Brüder, wer den echten Ring besitze.

Ein weiser Richter entschied, dass jeder Sohn glauben solle, seinen Ring für den echten zu halten. Die Echtheit des Rings würde sich in der Tugend und Menschlichkeit des Trägers zeigen. Nathan schließt mit der Erkenntnis, dass keine Religion den alleinigen Anspruch auf Wahrheit erheben kann, sondern jede durch gute Taten ihre Wahrhaftigkeit beweisen müsse.

Denn gründen alle sich nicht auf Geschichte? Geschrieben oder überliefert! Und Geschichte muß doch wohl allein auf Treu und Glauben angenommen werden? Nicht? Nun, wessen Treu und Glauben zieht man denn am wenigsten in Zweifel?

Saladin ist von Nathans Weisheit beeindruckt und bietet ihm seine Freundschaft an. Nathan nutzt die Gelegenheit, um dem Sultan ein Darlehen anzubieten, ohne dass dieser darum bitten muss. Zudem erwähnt er den Tempelherrn und dessen Ähnlichkeit mit Saladins verstorbenem Bruder Assad, was Saladins Interesse weckt.

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Wolf von Filnek (Assad) — verstorbener Bruder Saladins, Vater von Recha und dem Tempelherrn, heiratete eine deutsche Frau, wird nur in Erzählungen erwähnt.

Währenddessen wächst die Zuneigung zwischen dem Tempelherrn und Recha. Der Tempelherr sucht erneut Nathan auf und erfährt, dass dieser den Namen seines Vaters, Curd von Stauffen, zu kennen scheint. Nathan zeigt sich merkwürdig berührt von dieser Information, behält seine Gedanken jedoch für sich.

Aufzug 4. Intrigen und verborgene Identitäten

Im vierten Aufzug wendet sich der Tempelherr an den Patriarchen von Jerusalem, um Rat zu suchen. Ohne Namen zu nennen, schildert er den Fall eines Juden, der ein Christenkind als sein eigenes aufzieht. Der Patriarch reagiert mit fanatischer Intoleranz und fordert, den Juden zu bestrafen.

Patriarch von Jerusalem — christlicher Würdenträger, älterer Mann, intolerant und fanatisch, versucht Nathan wegen der Erziehung Rechas zu verfolgen, verkörpert religiöse Intoleranz.

Tut nichts! der Jude wird verbrannt! [...] Denn besser, es wäre hier im Elend umgekommen, als daß zu seinem ewigen Verderben es so gerettet ward. Zudem, was hat der Jude Gott denn vorzugreifen?

Der Tempelherr ist von dieser Reaktion abgestoßen und bereut, den Patriarchen aufgesucht zu haben. Saladin lässt den Tempelherrn zu sich rufen. In ihrem Gespräch bestätigt sich die Vermutung, dass der junge Ritter Ähnlichkeit mit Saladins verstorbenem Bruder Assad hat. Saladin bietet dem Tempelherrn seine Freundschaft an.

Ich bin dein Gefangner? [...] Wem ich das Leben schenke, werd ich dem nicht auch die Freiheit schenken? [...] Ich habe mich mit dir in nichts betrogen, du bist mit Seel' und Leib mein Assad. Sieh! ich könnte dich fragen: wo du denn die ganze Zeit gesteckt?

Der Tempelherr gesteht Saladin seine Liebe zu Recha und seine Verwirrung über Nathans zögerliche Haltung. Er erzählt auch von Dajas Enthüllung, dass Recha eine Christin sei. Saladin beruhigt ihn und verspricht, die Angelegenheit zu klären. Er schickt seine Schwester Sittah, um Recha zu sich zu holen.

Unterdessen trifft Nathan auf einen Klosterbruder, der ihm wichtige Informationen über Rechas Herkunft liefert. Der Klosterbruder hatte vor achtzehn Jahren ein christliches Kind zu Nathan gebracht – Recha. Ihr Vater war ein Ritter von Filnek, der bei Askalon gefallen war. Der Klosterbruder übergibt Nathan ein Brevier mit Familienaufzeichnungen.

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Klosterbruder — einfacher, gutmütiger Mönch, älterer Mann, dient widerwillig dem Patriarchen, brachte einst Recha zu Nathan, verkörpert praktizierte christliche Nächstenliebe.

Nathan erzählt dem Klosterbruder, wie er zu jener Zeit seine eigene Frau und sieben Söhne durch ein Massaker an Juden verloren hatte. In seiner Trauer nahm er das christliche Kind auf und erzog es als sein eigenes. Diese Entscheidung sieht er als Akt der Versöhnung und Menschlichkeit.

Doch nun kam die Vernunft allmählich wieder. Sie sprach mit sanfter Stimm': 'und doch ist Gott! Doch war auch Gottes Ratschluß das! Wohlan! Komm! übe, was du längst begriffen hast, was sicherlich zu üben schwerer nicht, als zu begreifen ist.'

Aufzug 5. Die Enthüllung der Familienbeziehungen und Versöhnung

Im letzten Aufzug kommen alle Fäden zusammen. Recha wird zu Sittah gebracht und ist beunruhigt über Dajas Behauptung, sie sei nicht Nathans Tochter. Sittah beruhigt sie liebevoll. Saladin tritt hinzu und zeigt sich väterlich gegenüber Recha.

Nathan und der Tempelherr erscheinen im Palast. Nathan hat das Brevier studiert und die wahren Familienverhältnisse erkannt. Er enthüllt, dass der Tempelherr in Wirklichkeit Leu von Filnek heißt und der Sohn von Wolf von Filnek ist – Saladins verstorbenem Bruder Assad, der zum Christentum konvertierte und eine deutsche Frau heiratete.

Noch überraschender ist die Enthüllung, dass Recha die Schwester des Tempelherrn ist. Beide sind Kinder von Assad/Wolf von Filnek und somit Neffe und Nichte Saladins. Der Tempelherr ist zunächst bestürzt, da seine Liebe zu Recha nun als geschwisterliche Liebe erkannt wird.

Saladin ist überwältigt von der Entdeckung, dass die Kinder seines geliebten Bruders vor ihm stehen. Er umarmt beide herzlich und dankt Nathan für die Rettung und Erziehung seiner Nichte. Nathan erklärt, dass er Recha als sein Kind angenommen hatte, nachdem seine eigene Familie bei einem Pogrom getötet worden war.

Wieviel andächtig schwärmen leichter, als gut handeln ist! Wie gern der schlaffste Mensch andächtig schwärmt, um nur, - ist er zu Zeiten sich schon der Absicht deutlich nicht bewußt - um nur gut handeln nicht zu dürfen!

Das Drama endet mit einer Szene der Versöhnung und Einheit. Die religiösen Unterschiede zwischen Juden, Christen und Muslimen werden überwunden durch die Erkenntnis ihrer gemeinsamen Menschlichkeit und Familienbande. Saladin nimmt den Tempelherrn und Recha als seine Familie auf, während Nathan als weiser Freund und Vaterfigur respektiert wird.

Lessings Drama schließt mit der Botschaft, dass wahre Religion sich nicht in Dogmen und Glaubensbekenntnissen zeigt, sondern in menschlicher Güte und Toleranz. Die Familienzusammenführung symbolisiert die Möglichkeit eines friedlichen Zusammenlebens der Religionen, wenn Menschen einander als Menschen begegnen und nicht als Vertreter religiöser Gruppen.

Die letzten Worte gehören Saladin, der Nathan, den Tempelherrn und Recha in einer Umarmung vereint und damit die Vision einer Welt verkörpert, in der religiöse Toleranz und menschliche Verbundenheit über Glaubensunterschiede triumphieren.