Vom Fischer und seiner Frau (Grimm)
Sehr kurzes Inhaltsverzeichnis
In einer armen Fischerhütte nahe dem Meer lebten ein Fischer und seine Frau.
Eines Tages fing der Fischer einen Butt, der sich als verwunschener Prinz offenbarte und ihn um Gnade bat. Der Fischer ließ ihn frei, ohne sich eine Belohnung zu wünschen. Als er seiner Frau Ilsebill davon erzählte, war diese unzufrieden und wollte eine kleine Hütte, die der Butt ihr gewährte.
Ilsebill verlangte bald ein Schloss, dann wurde sie König, Kaiser und sogar Papst. Doch ihre Gier wurde nie gestillt. Schließlich forderte sie, die Macht Gottes zu erhalten. Besorgt ging der Fischer zum Butt und teilte ihm schweren Herzens diesen letzten Wunsch seiner Frau mit.
“Na, was will sie denn?” sagte der Butt. “Ach”, sagte er, “sie will werden wie der liebe Gott.” “Geh nur hin, sie sitzt schon wieder im Pisspott.”
Ausführliche Zusammenfassung
Die Einteilung in Abschnitte ist redaktionell.
Der Fischer begegnet dem Zauberfisch
Es lebte einmal ein Fischer mit seiner Frau in einer ärmlichen Hütte, die so klein und schäbig war, dass sie Pißputt genannt wurde. Der Fischer ging jeden Tag zum Meer, um zu angeln. Eines Tages, als er wieder beim Angeln war und ins Wasser schaute, spürte er plötzlich einen kräftigen Zug an seiner Angel. Als er sie herauszog, hing ein großer Butt daran.
Zu seiner Überraschung begann der Fisch zu sprechen und bat um sein Leben. Er erklärte, dass er kein gewöhnlicher Butt sei, sondern ein verwunschener Prinz. Der Fischer, erstaunt über einen sprechenden Fisch, ließ ihn ohne zu zögern wieder frei und kehrte nach Hause zurück, ohne etwas gefangen zu haben.
“Hör mal, Fischer, ich bitte dich, lass mich leben, ich bin kein richtiger Butt, ich bin ein verwünschter Prinz. Was hilft es dir, dass du mich tötest? Ich würde dir doch nicht recht schmecken”
Von der ärmlichen Hütte zum prächtigen Schloss
Als der Fischer seiner Frau erzählte, dass er einen sprechenden Butt gefangen und wieder freigelassen hatte, war sie unzufrieden. Sie schimpfte, dass er sich doch etwas hätte wünschen können, und schickte ihn zurück zum Meer. Widerwillig ging der Fischer zum Wasser, das nun grünlich-gelb und nicht mehr klar war. Er rief den Butt mit einem Spruch und bat im Namen seiner Frau um eine bessere Hütte.
Der Butt erfüllte den Wunsch sofort. Als der Fischer nach Hause kam, stand dort anstelle des Pißputts eine kleine, hübsche Hütte. Seine Frau saß auf einer Bank vor der Tür und war zunächst zufrieden. Die Hütte hatte einen kleinen Vorgarten, eine gemütliche Stube, eine Kammer mit Bett, Küche und Speisekammer mit allem, was man brauchte. Hinter dem Haus gab es einen Hof mit Hühnern und Enten sowie einen kleinen Garten mit Gemüse und Obst.
Die Frau des Fischers wird König
Nach etwa zwei Wochen fand Ilsebill die Hütte zu klein und wünschte sich ein größeres Haus. Sie schickte ihren Mann erneut zum Butt, um ein Schloss zu erbitten. Obwohl der Fischer Bedenken hatte, gehorchte er seiner Frau. Das Meer war nun dunkelblau, violett und grau, aber noch ruhig. Der Butt gewährte auch diesen Wunsch.
Dem Mann wurde sein Herz so schwer, und wollte nicht: er sagte bei sich selbst “das ist nicht recht”, er ging aber doch hin.
Als der Fischer zurückkehrte, stand an der Stelle der Hütte ein prächtiges Steinschloss. Seine Frau empfing ihn auf der Treppe und führte ihn durch die großen Hallen mit Marmorfußböden und vielen Bediensteten. Im Schloss gab es goldene Stühle und Tische, kristallene Kronleuchter und Teppiche. Hinter dem Schloss befanden sich ein großer Hof mit Ställen und Kutschen sowie ein herrlicher Garten mit Blumen, Obstbäumen und einem Wildgehege.
Der wachsende Ehrgeiz: Kaiser werden
Am nächsten Morgen erwachte Ilsebill und blickte aus dem Fenster auf das herrliche Land. Sofort wollte sie mehr und verlangte, König über all dieses Land zu werden. Widerwillig ging der Fischer wieder zum Meer, das nun dunkelgrau war und stark nach faulem Wasser roch. Der Butt erfüllte auch diesen Wunsch.
Als der Fischer zurückkehrte, war das Schloss noch größer geworden, mit einem hohen Turm und prächtigen Verzierungen. Vor der Tür standen Wachen, und im Inneren war alles aus Marmor und Gold. Seine Frau saß auf einem hohen Thron aus Gold und Diamanten, trug eine goldene Krone und hielt ein Zepter in der Hand. Neben ihr standen sechs Jungfrauen in einer Reihe, jede etwas kleiner als die andere.
Das Streben nach geistlicher Macht: Papst werden
Doch auch mit der Königswürde war Ilsebill nicht lange zufrieden. Bald schickte sie ihren Mann erneut zum Butt, um Kaiser zu werden. Das Meer war nun schwarz und stürmisch, und der Wind heulte. Trotz seiner Bedenken sprach der Fischer seinen Zauberspruch, und der Butt erfüllte auch diesen Wunsch.
“Was”, sagte die Frau, “ich bin König und du bist nur mein Mann, willst du gleich hingehen? Gleich geh hin, kann er König machen, kann er auch Kaiser machen, ich will und will Kaiser sein”
Als der Fischer zurückkam, war das Schloss aus poliertem Marmor mit Alabasterfiguren und goldenen Verzierungen. Vor der Tür marschierten Soldaten und spielten Trompeten, Pauken und Trommeln. Im Palast dienten Barone, Grafen und Herzöge als Bedienstete. Seine Frau saß auf einem zwei Meilen hohen goldenen Thron und trug eine drei Ellen hohe Krone mit Brillanten und Edelsteinen.
Die letzte Forderung und die Rückkehr zur Armut
Doch selbst als Kaiserin war Ilsebill nicht zufrieden. Nach nur einer Nacht wollte sie Papst werden. Obwohl der Fischer meinte, dass der Butt das nicht erfüllen könne, da es nur einen Papst in der Christenheit gäbe, musste er wieder zum Meer gehen. Das Wasser war nun von einem Sturm aufgewühlt, und der Himmel war dunkel mit roten Wolken. Der Butt erfüllte auch diesen Wunsch.
Als der Fischer zurückkehrte, sah er eine große Kirche, umgeben von Palästen. Seine Frau saß auf einem noch höheren Thron, trug drei goldene Kronen und war umgeben von kirchlichem Prunk. Zu ihren Füßen knieten Kaiser und Könige und küssten ihre Pantoffeln.
In der Nacht konnte Ilsebill nicht schlafen und dachte darüber nach, was sie noch werden könnte. Am Morgen sah sie die Sonne aufgehen und beschloss, dass sie wie der liebe Gott sein wollte, um Sonne und Mond aufgehen zu lassen. Sie weckte ihren Mann und befahl ihm, zum Butt zu gehen und diesen Wunsch vorzutragen.
“Mann”, sagte sie, “wenn ich nicht die Sonne und den Mond kann aufgehen lassen und muss das so ansehen, dass die Sonne und der Mond aufgehen, ich kann das nicht aushalten, und habe keine ruhige Stunde mehr”
Draußen tobte ein schrecklicher Sturm. Der Fischer konnte kaum auf den Beinen stehen, Häuser und Bäume wurden umgeweht, Berge bebten, Felsen rollten ins Meer, und der Himmel war pechschwarz. Mit zitternden Knien rief er den Butt und trug ihm den Wunsch seiner Frau vor. Der Butt antwortete nur: "Geh nur hin, sie sitzt schon wieder im Pißputt." Und dort sitzen sie noch bis zum heutigen Tag.