Von dem Tode des Hühnchens (Grimm)
Die Einteilung in Kapitel ist redaktionell.
Das Hühnchen verschluckt sich an einem Nusskern
Eines Tages gingen das Hühnchen und das Hähnchen gemeinsam zum Nussberg. Sie vereinbarten, dass derjenige, der einen Nusskern finden würde, ihn mit dem anderen teilen sollte. Das Hühnchen fand eine sehr große Nuss, sagte aber nichts davon und wollte den Kern für sich allein behalten.
Nun fand das Hühnchen eine große große Nuß, sagte aber nichts davon und wollte den Kern allein essen. Der Kern war aber so dick, daß es ihn nicht hinunter schlucken konnte und er ihm im Hals stecken blieb.
Der Kern war jedoch so groß, dass er im Hals des Hühnchens stecken blieb. Es bekam Angst zu ersticken und rief nach dem Hähnchen, es solle schnell Wasser holen, sonst würde es ersticken.
Die Suche des Hähnchens nach Wasser
Das Hähnchen lief so schnell es konnte zum Brunnen und bat ihn um Wasser für das Hühnchen, das auf dem Nussberg lag und zu ersticken drohte. Der Brunnen stellte jedoch eine Bedingung: Das Hähnchen sollte ihm zuerst rote Seide bringen.
Also eilte das Hähnchen zur Braut und bat sie um rote Seide. Die Braut verlangte jedoch zuerst ihr Kränzlein zurück, das an einer Weide hängen geblieben war. Das Hähnchen lief zur Weide, holte das Kränzlein und brachte es der Braut.
Die Braut gab ihm die rote Seide, die das Hähnchen zum Brunnen brachte. Der Brunnen gab ihm dafür Wasser, und das Hähnchen eilte zurück zum Hühnchen.
Da brachte das Hähnchen das Wasser zum Hühnchen, wie es aber hinkam, war dieweil das Hühnchen erstickt und lag da todt und regte sich nicht. Da war das Hähnchen so traurig, daß es laut schrie.
Der Tod des Hühnchens und die Trauerprozession
Als das Hähnchen mit dem Wasser zurückkam, war es bereits zu spät. Das Hühnchen war erstickt und lag tot da. Das Hähnchen war so traurig, dass es laut schrie, und alle Tiere kamen herbei und beklagten den Tod des Hühnchens.
Sechs Mäuse bauten einen kleinen Wagen, um das Hühnchen zum Grab zu fahren. Als der Wagen fertig war, spannten sie sich davor, und das Hähnchen fuhr den Wagen mit dem toten Hühnchen.
Auf dem Weg begegnete ihnen der Fuchs, der fragte, wohin das Hähnchen fahre. Das Hähnchen antwortete, dass es sein Hühnchen begraben wolle. Der Fuchs fragte, ob er mitfahren dürfe.
»»Ja, aber setz dich hinten auf den Wagen,
vorn könnens meine Pferdchen nicht vertragen.««
Da setzte sich der Fuchs hinten auf, dann der Wolf, der Bär, der Hirsch, der Löwe und alle Thier in dem Wald.
Das Hähnchen erlaubte es ihm, aber er sollte sich hinten auf den Wagen setzen, da die Mäuse ihn vorne nicht tragen könnten. Nach und nach setzten sich auch der Wolf, der Bär, der Hirsch, der Löwe und alle anderen Waldtiere hinten auf den Wagen.
Die verhängnisvolle Bachüberquerung und das Ende
So setzte sich der Trauerzug in Bewegung, bis sie an einen Bach kamen. Das Hähnchen fragte, wie sie nun hinüberkommen sollten. Da lag ein Strohhalm am Bach und bot an, sich quer über den Bach zu legen, damit sie über ihn fahren könnten.
Als jedoch die sechs Mäuse auf die Brücke kamen, rutschte der Strohhalm und fiel ins Wasser. Die sechs Mäuse fielen ebenfalls hinein und ertranken. Die Not begann von neuem, und eine Kohle kam herbei und bot an, sich über das Wasser zu legen.
Doch als die Kohle das Wasser berührte, zischte sie, erlosch und starb. Ein Stein sah dies, erbarmte sich und legte sich über das Wasser, um dem Hähnchen zu helfen.
Das Hähnchen zog nun den Wagen selbst. Als es mit dem toten Hühnchen fast am anderen Ufer war, wollte es auch die anderen Tiere, die hinten auf dem Wagen saßen, herüberziehen. Doch es waren zu viele geworden, der Wagen fiel zurück, und alle fielen ins Wasser und ertranken.
Nun war das Hähnchen ganz allein mit dem toten Hühnchen. Es grub ein Grab, legte das Hühnchen hinein und häufte einen Hügel darüber auf. Darauf setzte sich das Hähnchen und grämte sich so lange, bis es auch starb. Da war alles tot.