Die Wolke (Pausewang)
Sehr kurze Zusammenfassung
Deutschland, 1980er Jahre. Nach einem SuperGAU im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld musste die vierzehnjährige Janna-Berta mit ihrem kleinen Bruder Uli aus ihrer Heimatstadt Schlitz fliehen, während ihre Eltern und der jüngste Bruder Kai mit der Großmutter in Schweinfurt waren.
Auf der Flucht wurde Uli von einem Auto überfahren und starb. Janna-Berta erkrankte durch die radioaktive Strahlung und kam in ein Notlazarett. Dort erfuhr sie vom Tod ihrer Eltern und Geschwister. Ihre Tante Helga holte sie nach Hamburg, wo sie sich nicht einleben konnte. Sie floh zu ihrer Tante Almut nach Wiesbaden, die sich um zwei Waisenkinder kümmerte.
Als die Sperrzone wieder freigegeben wurde, kehrte Janna-Berta nach Schlitz zurück. Dort traf sie ihre ahnungslosen Großeltern, die von Mallorca heimgekehrt waren und nichts vom Tod ihrer Angehörigen wussten. Sie glaubten, diese seien noch in einer Spezialklinik.
Die Großeltern verharmlosten die Atomkatastrophe und behaupteten, die Evakuierung sei übertrieben gewesen. Der Großvater vertrat die Meinung, man hätte die Katastrophe vor der Öffentlichkeit geheim halten sollen.
Da zog Janna-Berta die Mütze vom Kopf und begann zu sprechen. Die Wahrheit musste endlich ans Licht, auch wenn sie die heile Welt der Großeltern zerstören würde.
Der Roman thematisierte die Gefahren der Atomkraft und die gesellschaftliche Verdrängung dieser Risiken. Er zeigte die verheerenden Folgen eines Reaktorunfalls für Menschen und Umwelt sowie den Umgang der Politik mit der Katastrophe.
Detaillierte Zusammenfassung nach Kapiteln
Die Kapiteltitel sind redaktionell.
Kapitel 1. Der Atomalarm und die Flucht aus der Schule
An einem warmen Maimorgen saß Janna-Berta im Französischunterricht, als plötzlich die Sirene heulte. Es war neun Uhr vor elf - eine ungewöhnliche Zeit für einen Probealarm. Herr Benzig unterbrach seine Lektion, als über den Lautsprecher der Direktor verkündete, dass ABC-Alarm gegeben wurde und alle Schüler sofort nach Hause gehen sollten.
Auf dem Schulhof herrschte Chaos. Jemand schrie: "Grafenrheinfeld! Alarm in Grafenrheinfeld!" Janna-Berta erinnerte sich - dort stand ein Kernkraftwerk. Sie machte sich Sorgen um ihren kleinen Bruder Uli, der allein zu Hause war, während die Eltern in Schweinfurt bei der Großmutter waren.
Kapitel 2. Heimkehr und die Entscheidung zur Flucht
Lars aus der Oberstufe nahm Janna-Berta in seinem Auto mit nach Schlitz. Unterwegs diskutierten die Jungen über SuperGAU und Reaktoren. In Schlitz angekommen, fand Janna-Berta Uli zu Hause vor, der bereits Kartoffeln für Reibekuchen gerieben hatte. Almut hatte angerufen und geraten, in den Keller zu gehen.
Dann rief die Mutter aus Schweinfurt an. Sie schrie, dass sie nicht im Keller bleiben sollten, sondern sofort fliehen müssten. Die Familie wartete am Bahnhof auf Sonderzüge. Das Gespräch brach ab. Janna-Berta versuchte vergeblich, Nachbarn zu erreichen, die sie mitnehmen könnten. Schließlich entschied sie, mit Uli auf Fahrrädern zu fliehen.
Kapitel 3. Die Fahrradflucht durch das Chaos
Die Geschwister fuhren mit dem Fahrrad durch das Chaos der Flucht. Auf den Straßen herrschte Panik - Autos stauten sich, Menschen hasteten mit Gepäck, Tiere wurden zurückgelassen. Uli hatte seinen Teddybär dabei und sorgte sich um Coco, den Wellensittich der Großeltern. Die Kinder überholten die im Stau stehenden Autos und kamen gut voran.
Er war klein für sein Alter, und er war oft krank. Erst seit er in die Schule gekommen war, hatte er etwas Farbe bekommen. Aber er hatte einen starken Willen.
Unterwegs begegneten sie vielen Bekannten aus Schlitz, die in überfüllten Autos flohen. Bei Bad Hersfeld wollten sie in den Zug steigen. Das Gewitter zog auf, und alle fürchteten den verstrahlten Regen. An der Autobahnauffahrt herrschte völliges Chaos - Polizisten versuchten vergeblich, Ordnung zu schaffen. Lars hatte recht behalten: Es wehte Südostwind, der die radioaktive Wolke direkt auf sie zutrieb.
Die Kinder erreichten einen Bahndamm bei Asbach. Uli war erschöpft, aber stolz auf seine Leistung. Sie kamen an einem großen, leuchtend gelben Rapsfeld vorbei, das unter der dunklen Gewitterfront besonders schön aussah.
Kapitel 4. Ulis Tod und Janna-Bertas weitere Flucht
Am Bahndamm geschah das Unglück. Uli fuhr zu schnell die Böschung hinunter, stürzte und wurde von einem Auto überfahren, dessen Fahrer nicht anhielt. Janna-Berta war starr vor Entsetzen. Ein bärtiger Mann und eine rotblonde Frau hielten an - sie trugen Uli ins Rapsfeld und nahmen Janna-Berta mit. Die Familie Heubler war auf dem Weg nach Bad Hersfeld.
Am Bahnhof herrschte Chaos. Tausende Menschen drängten sich, um in die Züge zu kommen. Janna-Berta verlor die drei kleinen Heubler-Töchter im Gedränge, als das Tor zur Bahnsteigsperre aufgebrochen wurde. Die verzweifelte Mutter machte ihr Vorwürfe. Janna-Berta brach in hysterisches Gelächter aus, riss sich los und rannte davon - direkt in den beginnenden Gewitterregen hinein.
Sie lief nach Süden, der Wolke entgegen, getrieben von dem Gedanken, zu Uli zurückzukehren. Der verstrahlte Regen durchnässte sie völlig. Sie erreichte eine Autobahnbrücke und irrte orientierungslos umher, bis sie völlig erschöpft zusammenbrach.
Kapitel 5. Irrfahrt im verstrahlten Regen
Eine sommersprossige Frau und ein blonder Mann in einem bunten VW-Bus fanden Janna-Berta bewusstlos am Straßenrand. Sie zogen ihr die verstrahlten Kleider aus und gaben ihr trockene Sachen. Der Bus fuhr Richtung DDR-Grenze, aber die war geschlossen worden. Bei Herleshausen staute sich alles. Die jungen Leute wollten über Göttingen nach Norddeutschland, aber Janna-Berta stieg aus. Sie wollte in der Nähe ihrer Familie bleiben.
Völlig entkräftet wanderte sie durch ein Dorf, wo ihr niemand Wasser geben wollte aus Angst vor Verstrahlung. Sie erreichte eine Lindenallee, die an der DDR-Grenze endete, und brach dort zusammen.
Kapitel 6. Rettung und das Notlazarett in Herleshausen
Janna-Berta wurde ins Notlazarett nach Herleshausen gebracht, das in einer Schule eingerichtet worden war. Sie lag im Schulkindersaal mit 25 anderen kranken Kindern. Zunächst sprach sie nicht und aß nichts, litt unter Schock. Neben ihr lag Ayse, ein türkisches Mädchen aus Fulda, das seine Eltern verloren hatte.
Tünnes, ein Zivildienstleistender aus Köln, brachte Nachrichten von draußen: 18.000 Tote, drei Sperrzonen, Millionen von Evakuierten. Viele Kinder starben an den Folgen der Strahlung. Janna-Berta begann ihre Haare zu verlieren. Sie weigerte sich, Fragen nach ihrer Familie zu beantworten, und wartete verzweifelt darauf, dass ihre Eltern sie finden würden.
Kapitel 7. Genesung und Konfrontation mit der Politik
Der Bundesinnenminister besuchte das Lazarett. Als er versprach, dass bald alles wieder in Ordnung komme, explodierte Janna-Berta vor Wut. Sie schrie ihn an und warf eine Steinfigur nach der Tür. Sie fragte, wie Uli und ihre Familie wieder in Ordnung kommen sollten. Ihr Ausbruch erschreckte die anderen Kinder, aber sie hatte endlich ihre Stimme wiedergefunden.
Nach dem Ministerbesuch aß Janna-Berta wieder und schöpfte neue Hoffnung. Aber Ayse starb an der Strahlenkrankheit, und auch viele andere Kinder überlebten nicht. Janna-Berta wurde völlig kahl, trug aber trotzdem keine Mütze. Nach drei Wochen durfte sie das Lazarett verlassen.
Kapitel 8. Almuts Besuch und die Wahrheit über die Familie
Helga, Janna-Bertas Tante aus Hamburg, holte sie ab. Sie brachte teure neue Kleider und eine Perücke mit, aber Janna-Berta weigerte sich, die Perücke zu tragen. Helga erzählte ihr schonungslos die Wahrheit: Ihre Eltern, der kleine Kai und Jo waren alle tot. Nur sie hatte überlebt.
Später besuchte Almut das Lazarett. Sie erzählte, dass sie ihr ungeborenes Kind hatte abtreiben lassen müssen, weil es durch die Strahlung geschädigt worden wäre. Almut berichtete auch von den Massenerschießungen in der Sperrzone EINS - Menschen, die zu stark verstrahlt waren, wurden von Soldaten getötet, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Janna-Berta bat Almut, sie nach Wiesbaden mitzunehmen, aber in deren winziger Kellerwohnung war kein Platz. Almut versprach, sie zu holen, sobald sie eine größere Wohnung gefunden hätte.
Kapitel 9. Neubeginn in Hamburg bei Helga
In Hamburg lebte Janna-Berta bei Helga und den Friemels, einem evakuierten Ehepaar aus Haßfurt. Das Leben schien oberflächlich normal, aber die Lebensmittelpreise waren explodiert, und überall standen Evakuierte Schlange nach unverstrahlten Lebensmitteln. Helga wollte, dass Janna-Berta eine Perücke trug und zur Schule ging, aber das Mädchen weigerte sich beharrlich.
Die Großeltern auf Mallorca wussten noch nichts von der Tragödie. Helga hatte ihnen geschrieben, die Familie befinde sich zur Behandlung in einer abgeschirmten Klinik. Janna-Berta fühlte sich unwohl mit dieser Lüge, aber Helga bestand darauf, die alten Leute zu schonen.
Was viele befürchtet hatten und keiner so recht wahrhaben wollte, passiert: Nach Tschernobyl kommt es auch in einem deutschen Atomkraftwerk zum SuperGAU. Die Behörden beschwichtigen, doch auf den Straßen herrscht Krieg.
Deutschland war zu einem Entwicklungsland geworden. Millionen Menschen versuchten auszuwandern, aber die meisten Länder ließen keine Deutschen mehr herein aus Angst vor Verstrahlung. Janna-Berta spürte die Ablehnung der Menschen, wenn sie ihren kahlen Kopf sahen.
Kapitel 10. Schule, Diskriminierung und Isolation
In der Schule traf Janna-Berta andere Hibakusha - so nannten sich die Überlebenden nach dem Vorbild von Hiroshima. Aber selbst sie warfen ihr vor, durch ihren kahlen Kopf alle zu diskreditieren. Die meisten trugen Perücken oder Mützen. Janna-Berta weigerte sich weiterhin, ihre Kahlheit zu verstecken.
Sie traf Elmar wieder, ihren ehemaligen Klassenbesten aus Fulda. Auch er war kahl und verbittert geworden. Er hielt endlose Vorträge über den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands und die Verdrängung der Katastrophe. Elmar hatte jeden Lebensmut verloren und sprach zynisch über die Zukunft.
Die Evakuierten wurden wie Aussätzige behandelt. Hotels verweigerten ihnen Unterkunft, Menschen gingen ihnen aus dem Weg. Janna-Berta erlebte täglich Diskriminierung und Ablehnung, aber sie blieb dabei, ihren kahlen Kopf zu zeigen als Mahnung an die Katastrophe.
Kapitel 11. Elmars Selbstmord und die Flucht aus Hamburg
Am letzten Schultag erfuhr Janna-Berta, dass Elmar nicht versetzt worden war. Als sie ihn besuchen wollte, teilte ihr eine Nachbarin mit, dass er Selbstmord begangen hatte. Er hatte Tabletten genommen und war friedlich eingeschlafen. Janna-Berta war erschüttert - wieder hatte sie jemanden verloren.
Helga wollte ihren Geburtstag feiern und bestand darauf, dass sie eine Perücke tragen sollte. Janna-Berta weigerte sich kategorisch. In der Nacht vor ihrem Geburtstag packte sie heimlich ihre Sachen und flüchtete aus Hamburg. Sie wollte zu Almut nach Wiesbaden, auch wenn dort kein Platz für sie war.
Mit Hilfe von anderen Hibakusha, die sie mitnahmen, erreichte sie Wiesbaden. Sie hatte nur noch sieben Mark fünfzig in der Tasche, als sie am Abend vor Almuts Kellerwohnung stand.
Kapitel 12. Neues Leben in Wiesbaden bei Almuts Familie
Almut und Reinhard nahmen Janna-Berta herzlich auf. Sie lebten mit Reinhards Vater "Paps" in einer winzigen Kellerwohnung. Janna-Berta schlief auf einer Matratze im Flur, aber sie fühlte sich endlich wieder zu Hause. Hier konnte sie über ihre Trauer sprechen und musste sich nicht verstellen.
Ich brauch keine geordneten Verhältnisse, nichts von dem, was ich in Hamburg hatte. Was wir dir bieten können, ist der schwache Trost, daß auch wir manchmal verzweifelt sind und nicht weiterwissen.
Die Familie zog in ein größeres Wochenendhaus zwischen Weinbergen um und nahm zwei Waisenkinder auf, deren Mutter an Leukämie gestorben war. Auch deren Großmutter zog mit ein. Almut engagierte sich für die Gründung eines Hibakusha-Zentrums, wo sich die Überlebenden treffen und organisieren konnten.
Janna-Bertas Haare begannen wieder zu wachsen - ein Zeichen der Hoffnung. Am Geburtstag feierten sie bescheiden, aber herzlich. Die Großmutter strickte ihr eine weiße Mütze. Helga besuchte sie und brachte Geld mit, das Janna-Berta sofort für das Hibakusha-Zentrum spendete.
Kapitel 13. Aufhebung der Sperrzone und politisches Erwachen
Am 1. Oktober wurde die Sperrzone DREI aufgehoben. Die ersten Rückkehrer kehrten in ihre Heimat zurück, obwohl das Risiko auf eigene Gefahr geschah. Janna-Berta sah im Fernsehen die rührenden Bilder der Heimkehrer, aber sie wusste, dass die Verstrahlung noch lange anhalten würde.
Wir sind die Aussätzigen des zwanzigsten Jahrhunderts. Dabei können wir noch von Glück sagen. Hitler hätte uns vergast. Mit unseren verpfuschten Genen.
Almut sprach von der Solidarisierung der Hibakusha und ihrer politischen Organisation. Sie nahmen an Demonstrationen gegen französische Atomkraftwerke teil, wo es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kam.
Kapitel 14. Das Hibakusha-Zentrum und der Aktivismus
Das Hibakusha-Zentrum wurde mit einer großen Kundgebung eröffnet. Janna-Berta half bei den Vorbereitungen und malte Transparente. Sie traf Lars aus Schlitz wieder, der ihr von der gespenstischen Leere ihrer Heimatstadt erzählte. Viele Bewohner waren ausgewandert oder wollten nicht zurückkehren.
Janna-Berta entschied sich spontan, nach Schlitz zurückzukehren. Sie wollte Uli endlich begraben und ihr Zuhause wiedersehen. Almut versuchte sie davon abzuhalten, aber Janna-Berta war entschlossen.
Kapitel 15. Die Rückkehr nach Schlitz
Mit einem Klappspaten in der Tasche fuhr Janna-Berta per Anhalter nach Schlitz. Sie fand das Rapsfeld, in dem Uli lag, und begrub seine Überreste zusammen mit seinem Teddybär unter Sonnenblumen. Es war ein schwerer, aber notwendiger Abschied. Danach fuhr sie mit ihrem alten, rostigen Fahrrad durch die verlassenen Dörfer.
Schlitz war wie eine Geisterstadt - leer, verwildert, mit geschlossenen Rolläden und Unkraut zwischen den Pflastersteinen. Nur wenige Menschen waren zurückgekehrt. Janna-Berta stieg den vertrauten Hang zu ihrem Elternhaus hinauf.
Kapitel 16. Die Konfrontation mit den unwissenden Großeltern
Zu ihrer Überraschung waren Oma Berta und Opa Hans-Georg bereits aus Mallorca zurückgekehrt. Sie empfingen sie herzlich und ahnten nichts von der Tragödie. Oma Berta hatte Kuchen gebacken und freute sich auf ein Wiedersehen mit der Familie. Janna-Berta trug die weiße Mütze, die die Großmutter gestrickt hatte, um ihre Kahlheit zu verbergen.
Opa Hans-Georg verharmloste die Katastrophe und machte die "grünen Weltverbesserer" für die Hysterie verantwortlich. Er glaubte, man hätte alles geheim halten sollen. Als er Janna-Berta aufforderte, die Mütze abzunehmen, zog sie sie schließlich ab und enthüllte ihren kahlen Kopf. Die Großeltern starrten sie entsetzt an, und Janna-Berta begann zu sprechen - über die Wahrheit, die sie so lange verschwiegen hatte.
Jetzt werden wir nicht mehr sagen können, wir hätten von nichts gewußt. Wir können nicht fliehen und emigrieren. Die Welt wird immer mehr zu unserem eigenen Gefängnis. Zum Gefängnis des atomaren Fortschritts.