Die hässliche Herzogin (Feuchtwanger)
Kurze Zusammenfassung
Tirol, 14. Jahrhundert. Die zwölfjährige Margarete wurde mit dem zehnjährigen Prinzen Johann von Böhmen verheiratet, um politische Bündnisse zu festigen.
Trotz ihrer Klugheit und politischen Fähigkeiten wurde sie wegen ihrer extremen Häßlichkeit verspottet und erhielt den Spitznamen 'Maultasch'. Johann verachtete sie und verweigerte die eheliche Gemeinschaft. Margarete verliebte sich in Chretien de Laferte, den sie mit der Herrschaft Taufers belohnte, doch dieser heiratete die schöne Agnes von Flavon.
Margarete organisierte eine Verschwörung gegen die Luxemburger, die jedoch scheiterte. Chretien wurde hingerichtet, und Margarete sperrte Johann aus Schloß Tirol aus. Nach kirchlicher Scheidung heiratete sie Ludwig von Bayern, den Markgrafen von Brandenburg. Gemeinsam regierten sie Tirol und Bayern, doch Agnes von Flavon gewann großen Einfluß über Ludwig.
Nach Ludwigs plötzlichem Tod übernahm ihr Sohn Meinhard die Herrschaft, geriet aber unter den Einfluß der bayrischen Artusritter und Agnes'. Als Meinhard nach Tirol reisen wollte, stürzte er unter mysteriösen Umständen in den Bergen zu Tode. Margarete verdächtigte Agnes des Mordes und ließ sie vor Gericht stellen.
Agnes wurde zum Tode verurteilt, starb jedoch vor der Hinrichtung an einem angeblichen Schlaganfall. Das Volk verehrte Agnes als Märtyrerin und haßte Margarete noch mehr. Ohne Erben und von den Baronen erpresst, sah sich Margarete schließlich gezwungen, ihre Herrschaft an Rudolf von Habsburg abzutreten.
Da fiel es von ihr, Tirol, die Städte, ihr Werk, das Werk ihrer Väter... Nun war sie ganz arm und kahl.
Margarete zog sich auf die Fraueninsel im Chiemsee zurück, wo sie einsam und verbittert ihre letzten Jahre verbrachte.
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Buch 1. Aufstieg und frühe Kämpfe der jungen Margarete
Kindheit in Tirol und die arrangierte Kinderhochzeit
König Heinrich von Kärnten und Tirol, ein alternder Lebemann, der seinen böhmischen Königstitel längst verloren hat, ist verärgert über die wiederholt geplatzte Hochzeit. Die mächtigen Fürstenhäuser Luxemburg, Wittelsbach und Habsburg wetteifern um die Hand seiner Erbin, um ihre Macht zu mehren. Heinrich, der sich nach einem männlichen Erben sehnt, durchschaut die politischen Intrigen nicht und fühlt sich von Johann von Luxemburg persönlich gekränkt, als dieser ihm zum zweiten Mal eine Braut verspricht, die dann nicht erscheint. Entschlossen, sich nicht länger hinhalten zu lassen, beschließt er, sich an die Habsburger zu wenden.
Doch am Ende ist es wieder Johann von Luxemburg, der die Hochzeit vermittelt. Die zwölfjährige Margarete, Prinzessin von Kärnten und Tirol, reist zu ihrer Hochzeit mit dem zehnjährigen Prinzen Johann von Böhmen nach Innsbruck. Sie ist klug und scharfsinnig, aber ihre Hässlichkeit überschattet alles. Auf ihrer Reise wird sie zwar mit Pomp empfangen, doch hinter ihrem Rücken spotten die Leute über ihr Aussehen.
Sie war häßlich. Es war nicht zu leugnen, sie war häßlich. Über einem dicklichen Körper mit kurzen Gliedmaßen saß ein großer, unförmiger Kopf.
Bei der Begegnung mit ihrem Bräutigam, dem mageren und bösartig blickenden Prinzen Johann, mustern sich die beiden Kinder kühl. Margarete ist von Johanns Vater, dem strahlenden König Johann von Luxemburg, beeindruckt, der sie trotz ihrer Hässlichkeit herzlich küsst.
Der Luxemburger Plan und die turbulente Hochzeitsfeier
Während des prunkvollen Festmahls fühlt sich der junge Prinz Johann unwohl und wird von seinem Vater, dem König, verspottet. Margarete beobachtet kühl die Szene und wendet ihre Aufmerksamkeit dem Kämmerling ihres Gatten, Chretien de Laferte, zu. Sie versucht, eine Verbindung zu ihm aufzubauen, während die böhmischen und Tiroler Herren über ihre Hässlichkeit spotten. Nur Jakob von Schenna, ein Vertrauter ihres Vaters, behandelt sie mit Respekt und führt ein ernsthaftes Gespräch mit ihr.
In ihrem Zelt hört Margarete, wie die Knechte über ihr Aussehen lästern. Die Hochzeit kostet ihren Vater ein Vermögen, das er durch die Verpfändung von Ländereien aufbringt. König Johann von Luxemburg nutzt die Gelegenheit, um sich die Huldigung der Tiroler Barone für den Fall von Heinrichs Tod zu sichern, indem er ihnen großzügige Versprechungen macht. Margarete bittet ihren Gatten, Chretien zum Ritter schlagen zu lassen, was dieser verweigert. Sie setzt ihren Willen jedoch bei den Vätern durch. Beim anschließenden Turnier wird König Johann von einem Tiroler Ritter besiegt, was die Spannungen zwischen den Einheimischen und den Fremden verdeutlicht. Um seine Schulden zu begleichen, verpfändet König Heinrich die wichtigen Salzwerke von Hall an Florentiner Bankiers.
Reise nach Italien: Triumphzug Johanns und erste Zweifel
König Johann zieht nach Italien und errichtet dort ein kurzlebiges, aber glanzvolles Reich. Margarete reist ihm nach und erlebt seinen Triumphzug durch die Lombardei. Inmitten der prunkvollen Feste und schönen Frauen fühlt sie sich jedoch elend und allein, da ihre Hässlichkeit hier noch mehr ins Gewicht fällt. Sie sucht die Gesellschaft älterer, reizloser Frauen, fühlt sich aber auch von ihnen verachtet. In Brescia trifft sie Johanns ältesten Sohn, den beherrschten Prinzen Karl, mit dem sie sachliche politische Gespräche führt. Johanns italienisches Reich bricht jedoch bald zusammen, als er nach Böhmen zurückkehren muss, und hinterlässt nur Schulden. Für Margarete gewinnt dieses gescheiterte Abenteuer an Realität, da es nun Geschichte ist. Sie erkennt die Bedeutung von Geld in der Politik und kritisiert die finanzielle Leichtherzigkeit ihres Vaters und Schwiegervaters.
Margarete wächst auf den Tiroler Schlössern heran, lernt viel und interessiert sich brennend für Politik. Ihr Vater kümmert sich wenig um sie, während ihre Stiefmutter Beatrix versucht, die zerrütteten Finanzen zu ordnen. Margarete pflegt ihren Körper mit größter Sorgfalt, doch ihre Hässlichkeit bleibt. Sie findet Trost in Gesprächen mit Jakob von Schenna, der ihre Intelligenz schätzt und sie wie eine Erwachsene behandelt. Ihr Gatte Johann entwickelt sich zu einem rohen und grausamen Jungen, der sie verspottet. Nach dem Tod ihrer Stiefmutter Beatrix wird Margarete zur unbestrittenen Erbin. König Heinrich verfällt zunehmend dem Siechtum und religiösen Ängsten. Nach seinem Tod teilen die Habsburger und Wittelsbacher seine Länder unter sich auf. Margarete und Johann verlieren Kärnten, können aber Tirol dank der Unterstützung der einheimischen Barone halten. Der blinde König Johann, durch eine Verletzung geschwächt, stimmt dem Verlust Kärntens zu, was Margarete und ihren Mann empört.
Buch 2. Machtspiele, Pest und der Sturz des Hauses Wittelsbach
Margaretes Ehe mit Ludwig und die bayrische Politik
Margarete versucht, sich ihrem Mann Johann anzunähern, doch er weist sie grob zurück. Gekränkt stürzt sie sich in die Politik und regiert das Land faktisch allein, während sie Johann vor den Tiroler Herren bloßstellt. Es kommt zum offenen Konflikt, als Johann die Silberbergwerke an einen Florentiner Bankier verpfänden will und Margarete sich widersetzt. Sie schlägt ihn, und ihr Bruder, Markgraf Karl, muss schlichten. Nach dem Tod der Frau von Flavon, einer Günstlingin ihres Vaters, erscheint deren Tochter Agnes am Hof, um ihre Erbansprüche zu verteidigen. Agnes, eine außergewöhnlich schöne Frau, wird zu Margaretes erbitterter Rivalin. Sie gewinnt die Gunst des jungen Herzogs Johann und verwickelt auch Chretien in ihre Intrigen.
Margarete, die sich in eine idealisierte Liebe zu Chretien geflüchtet hat, plant mit unzufriedenen Tiroler Baronen einen Aufstand gegen die Luxemburger, um Chretien eine heldenhafte Rolle zu verschaffen. Chretien heiratet jedoch heimlich Agnes. Als Margarete davon erfährt, fühlt sie sich verraten und hintergangen.
Wer jemals war so verraten worden? Geschleiert hatte er die Stimme, beredt gemacht und voll letzter Ergebenheit den Blick... Und hatte sie sogleich preisgegeben an die glatte, leere Larve.
In ihrer Wut verrät sie den Aufstand an die Luxemburger. Die Anführer, darunter ihr Halbbruder Albert und Chretien, werden gefangen genommen und hingerichtet. Johann sperrt Margarete ein und präsentiert ihr Chretiens abgeschlagenen Kopf. Nach ihrer Freilassung verbündet sie sich mit dem bayrischen Kaiser Ludwig und heiratet dessen Sohn, Ludwig den Brandenburger, einen nüchternen und tüchtigen Politiker. Die Ehe wird vom Papst nicht anerkannt, was zu Bann und Interdikt führt.
Pest, Heuschrecken und das wirtschaftliche Ringen um Tirol
Tirol wird von Katastrophen heimgesucht: Überschwemmungen, Brände und eine verheerende Heuschreckenplage. Das Volk sieht darin eine Strafe Gottes für Margaretes sündhafte Ehe. Ihr Spottname „Maultasch“ verbreitet sich in ganz Europa. Ihr neuer Mann, Ludwig, ist entsetzt über die korrupte Verwaltung Tirols und geht mit harter Hand gegen die einheimischen Barone vor, was ihm deren Feindschaft einbringt. Margarete und Ludwig entwickeln eine kühle, aber effektive Arbeitsbeziehung. Sie bekommt zwei Töchter und einen Sohn, Meinhard. Die Ehe wird jedoch nie herzlich, und Margarete fühlt sich innerlich leer. Sie findet eine neue Aufgabe darin, das Land zu regieren und die Wirtschaft zu fördern. Sie erkennt, dass ihre Hässlichkeit sie auf den Weg der Politik und Verwaltung geführt hat.
Ihre Häßlichkeit war Geschenk, der Wegweiser, mit dem Gott ihr den rechten Weg zeigte.
Nach dem Tod des Kaisers Ludwig wird Karl von Luxemburg unbestrittener deutscher König. Er versucht, Tirol zurückzuerobern, scheitert aber an Margaretes entschlossenem Widerstand. Sie verteidigt das Land erfolgreich und festigt die Herrschaft der Wittelsbacher. Sie fördert die Städte und den Handel, holt den jüdischen Bankier Mendel Hirsch ins Land, der die Wirtschaft belebt. Sie fühlt sich mit ihrem Land eins.
Das Land war ihr Fleisch und Blut. Seine Flüsse, Täler, Städte, Schlösser waren Teile von ihr. Der Wind seiner Berge war ihr Atem, die Flüsse ihre Adern.
Doch das Volk schreibt alle positiven Entwicklungen der schönen Agnes von Flavon zu und verachtet Margarete weiterhin. Als die Pest ausbricht und ihre beiden Töchter sterben, werden die Juden beschuldigt, die Brunnen vergiftet zu haben. Es kommt zu Pogromen, bei denen auch Mendel Hirsch und seine Familie getötet werden. Margarete ist erschüttert über die sinnlose Gewalt und fühlt sich mit dem Schicksal des verachteten Juden verbunden.
Sie war die Maultasch, er der Jud.
Agnes von Flavon: Rivalität, Intrigen und Meinhards Tod
Ludwig beginnt eine Affäre mit Agnes von Flavon, die ihn in Verschwendung und Prunk treibt und die Finanzen des Landes ruiniert. Margarete fühlt sich erneut verraten und gedemütigt. Sie findet Trost in der Gesellschaft des hässlichen und zynischen Konrad von Frauenberg, den sie zum Landeshofmeister macht. Die politische und persönliche Entfremdung zwischen Margarete und Ludwig wird unüberbrückbar. Ludwig stirbt plötzlich auf einer Reise nach München, was Gerüchte über eine Vergiftung aufkommen lässt. Margarete wird verdächtigt, aber der Frauenberger, der bei ihm war, streut zynische Bemerkungen.
Buch 3. Untergang der Maultasch und Übergang Tirols an Habsburg
Die Artusrunde, bayrische Wirren und Ludwigs Tod
Nach Ludwigs Tod übernimmt sein Sohn Meinhard die Regierung. Der junge, schwache Herzog gerät unter den Einfluss seines Vetters, des ehrgeizigen Prinzen Friedrich von Bayern-Landshut. Gemeinsam gründen sie den „Artusbund“, eine Rittergesellschaft, die bald die Regierung in Bayern an sich reißt. Unter der Schirmherrschaft von Agnes von Flavon führt der Bund ein verschwenderisches und gewalttätiges Regiment, das das Land an den Rand des Ruins treibt. Die Städte und der Adel, der nicht zum Bund gehört, lehnen sich auf. Herzog Stephan von Niederbayern, Friedrichs Vater, stellt ein Heer auf und besiegt die Artusritter. Meinhard wird nach München gebracht und unter die Vormundschaft seines Onkels gestellt.
Margarete beschließt, ihren Sohn nach Tirol zurückzuholen. Konrad von Frauenberg entführt Meinhard aus München. Auf der Flucht durch die winterlichen Alpen stürzt Meinhard jedoch zu Tode. Der Frauenberger behauptet, es sei ein Unfall gewesen, doch niemand glaubt ihm. Margarete ist am Boden zerstört. Ihr letzter Erbe ist tot, ihr Lebenswerk scheint vernichtet.
Prozess gegen Agnes, Kabinettsputsch und politischer Ausverkauf
Agnes von Flavon reist nach Tirol, um Margarete zu kondolieren, und gerät in deren Falle. Margarete lässt sie verhaften und stellt sie vor ein geheimes Gericht. Sie wirft Agnes vor, für den Tod Meinhards und das Unglück des Landes verantwortlich zu sein. Agnes verteidigt sich stolz und selbstbewusst, doch als sie Margaretes unerbittliches Lächeln sieht, erkennt sie, dass sie verloren ist. Margarete bietet ihr die Freiheit an, wenn sie ein Schuldbekenntnis unterzeichnet, doch Agnes weigert sich hochmütig. Margaretes Minister, die einen Volksaufstand fürchten, drängen sie, Agnes zu begnadigen. Bevor es zu einer Entscheidung kommt, stirbt Agnes plötzlich – vergiftet vom Frauenberger, der einen politischen Konflikt vermeiden will. Margarete ist außer sich vor Wut, da ihr die Rache und der Triumph über die lebende Feindin genommen wurde.
Es mußte ausgetragen sein zwischen ihr und jener. Es gab kein Hinausschieben, kein Verstecken und Maskieren, keine Scheu vor dem hohen Einsatz, keinen Kompromiß.
Das Volk strömt in Scharen zur Beerdigung der schönen Agnes, während Meinhards Bestattung kaum beachtet wird. Margarete erkennt ihre endgültige Niederlage. Die Barone nutzen die Situation aus und zwingen sie, ihnen weitreichende Vollmachten zu gewähren, wodurch sie das Land unter sich aufteilen und ausplündern.
Rudolf von Österreich übernimmt Tirol und Margaretes Rückzug
In dieser Situation erscheint Herzog Rudolf von Österreich in Tirol. Der junge, energische Habsburger stellt die Ordnung wieder her, entmachtet die Barone und gewinnt das Vertrauen der Städte. Margarete, müde und resigniert, erkennt die Ausweglosigkeit ihrer Lage und übergibt ihm die Herrschaft über Tirol, wie es in ihrem früheren Testament vorgesehen war.
Sie verlässt das Land, das sie so geliebt und um das sie so gekämpft hat. Hinter ihr bleiben nur die Legenden von der hässlichen, grausamen und unersättlichen Maultasch. Sie zieht sich in ein Kloster am Chiemsee zurück. Dort verbringt sie ihre letzten Tage in stumpfer Apathie, fernab von Macht und Politik, und findet einen bitteren Frieden in der Bedeutungslosigkeit.
Da zog sie fort, krank, abgerissen, die Verderberin, die Hexe, die Mörderin... die Häßliche, die Maultasch.