Tschick (Herrndorf)
Kurze Zusammenfassung
Berlin, zu Beginn der Sommerferien. Der 14-jährige Schüler Maik Klingenberg lebt in einem reichen Elternhaus, ist introvertiert und unsicher, heimlich verliebt in seine Mitschülerin Tatjana. Da ihn niemand zu Tatjanas Geburtstagsparty einlädt, fühlt er sich ausgeschlossen und langweilig. Als seine alkoholkranke Mutter in einer Klinik, sein Vater auf «Dienstreise» mit seiner Assistentin geht, bleibt Maik allein zurück – bis plötzlich sein Mitschüler Tschick bei ihm auftaucht.
Zusammen mit dem unabhängigen und mutigen Tschick, der ein altes gestohlenes Auto besitzt, beginnt Maik eine abenteuerliche Reise durch die brandenburgische Provinz, mit dem Ziel, die Walachei zu besuchen. Ohne Plan oder klaren Kurs erleben die Jungen aufregende Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen und Situationen: Sie geraten an eine Müllkippe, begegnen der obdachlosen, mutigen Isa, welche sie auf dem Weg begleitet, und überwinden gemeinsam viele Herausforderungen. Auf ihrer Reise erleben Maik und Tschick unbeschwerte Momente, aber auch Gefahren wie einen Unfall oder einen Angriff eines bewaffneten Mannes.
Ich dachte an das Gewitter über dem Weizenfeld, an Pflegeschwester Hanna und den Geruch von grauem Linoleum. Ich dachte, dass ich das alles ohne Tschick nie erlebt hätte in diesem Sommer und dass es ein toller Sommer gewesen war, der beste Sommer von allen.
Nach einem schweren Autounfall muss Tschick ins Krankenhaus. Gemeinsam fliehen sie, doch die Polizei holt sie nach einem weiteren Unfall ein. Vor Gericht steht Maik zu ihrem Abenteuer, auch wenn ihn das Ärger mit seinem Vater einbringt. Trotz aller Schwierigkeiten bereut er die Reise nicht, sondern sieht sie als prägendste Zeit seines Lebens an. Er lernt, dass Wagemut und Freundschaft entscheidend für sein Glück sind, auch wenn die Reise abrupt endet.
Ausführliche Zusammenfassung
Die Einteilung in Kapitel ist redaktionell.
Maiks Einführung und Familiensituation
Die Geschichte begann mit dem vierzehnjährigen Maik Klingenberg, der in einer Notaufnahme saß und auf seine Behandlung wartete. Er hatte einen Autounfall überlebt und blickte auf die Ereignisse zurück, die ihn dorthin gebracht hatten. Maik stammte aus einer wohlhabenden Familie in Berlin, die jedoch kurz vor dem finanziellen Ruin stand. Sein Vater war ein gescheiterter Immobilienmakler, und seine Mutter war Alkoholikerin, die regelmäßig in Entzugskliniken eingewiesen wurde, die sie scherzhaft als "Beautyfarm" bezeichnete.
In der Schule hatte Maik keine Freunde und galt als langweilig. In der sechsten Klasse bekam er den Spitznamen "Psycho", nachdem er in einem Deutschaufsatz über seine alkoholkranke Mutter geschrieben hatte. Dieser Spitzname verschwand erst, als André Langin in die Klasse kam und ihn als "langweilig" bezeichnete.
Ich hatte nie einen Spitznamen. Ich meine, an der Schule. Aber auch sonst nicht. Mein Name ist Maik Klingenberg. Maik. Nicht Maiki, nicht Klinge und der ganze andere Quatsch auch nicht, immer nur Maik. Außer in der Sechsten, da hieß ich mal kurz Psycho.
Maik war heimlich in seine Klassenkameradin Tatjana Cosic verliebt, traute sich aber nicht, sie anzusprechen. Als Tatjana ihre Geburtstagsparty plante, hoffte Maik auf eine Einladung, wurde jedoch enttäuscht. Er zeichnete trotzdem ein aufwendiges Porträt von Beyoncé als Geschenk für sie, da er wusste, dass Tatjana ein großer Fan war.
Begegnung mit Tschick und Beginn ihrer Freundschaft
Nach den Osterferien kam ein neuer Schüler in Maiks Klasse: Andrej Tschichatschow, genannt Tschick. Er war ein russischstämmiger Junge mit asiatischem Aussehen, der in schmutziger Kleidung erschien und kaum mit jemandem sprach. Tschick war zuvor von der Förderschule über die Hauptschule und Realschule ans Gymnasium gekommen, was für Aufsehen sorgte. Manchmal erschien er betrunken zum Unterricht.
Ich konnte Tschick von Anfang an nicht leiden. Keiner konnte ihn leiden. Tschick war ein Asi, und genau so sah er auch aus. Wagenbach schleppte ihn nach Ostern in die Klasse, und wenn ich sage, er schleppte ihn in die Klasse, dann meine ich das auch so.
Anfangs ignorierte Maik Tschick, wie alle anderen auch. Doch am letzten Schultag vor den Sommerferien sprach Tschick Maik an und zeigte Interesse an seiner Drachenjacke. Obwohl Maik zunächst abweisend reagierte, besuchte Tschick ihn später zu Hause. Dort spielten sie Videospiele und unterhielten sich. Maik erfuhr, dass Tschick nicht zur Geburtstagsparty von Tatjana eingeladen war, genau wie er selbst.
Zu Beginn der Sommerferien fuhren Maiks Eltern weg: seine Mutter in eine Entzugsklinik und sein Vater mit seiner jungen Assistentin Mona angeblich auf eine "Geschäftsreise". Maik blieb allein zu Hause zurück, mit zweihundert Euro für Notfälle und der Aussicht auf zwei einsame Wochen.
Der gestohlene Lada und der Aufbruch aus Berlin
Am zweiten Ferientag tauchte Tschick mit einem gestohlenen hellblauen Lada bei Maik auf. Er erklärte, dass er das Auto "geliehen" habe und wusste, wie man es kurzschließen konnte. Tschick schlug vor, dass sie gemeinsam einen Ausflug machen sollten. Nach anfänglichem Zögern ließ sich Maik überreden, und sie fuhren los, ohne ein bestimmtes Ziel zu haben. Tschick behauptete, sie könnten seinen Großvater in der "Walachei" besuchen.
Maik war überzeugt, dass die Walachei nur ein erfundener Ort sei, aber Tschick bestand darauf, dass es ein echtes Land sei, in dem sein Großvater lebte. Sie beschlossen, einfach nach Süden zu fahren, ohne Karte oder genauen Plan. Unterwegs hielten sie bei Tatjanas Geburtstagsparty in Werder bei Potsdam an. Maik übergab ihr sein Beyoncé-Porträt und flüchtete sofort wieder, bevor sie reagieren konnte.
Die beiden Jungen fuhren weiter durch Brandenburg und erlebten ihre ersten Abenteuer. Sie übernachteten unter freiem Himmel, beobachteten ein Gewitter über einem Weizenfeld und versuchten, mit dem Lada ihre Namen in das Feld zu schreiben. Maik lernte auch das Autofahren von Tschick, obwohl er erst vierzehn war und keinen Führerschein hatte.
Mein Arm hing aus dem Fenster, mein Kopf lag auf meinem Arm. Wir fuhren Tempo 30 zwischen Wiesen und Feldern hindurch, über denen langsam die Sonne aufging, irgendwo hinter Rahnsdorf, und es war das Schönste und Seltsamste, was ich je erlebt habe.
Abenteuer und Begegnungen auf der Reise
Auf ihrer Reise durch Ostdeutschland machten die Jungen verschiedene ungewöhnliche Begegnungen. In einem kleinen Dorf wurden sie von einer Familie eingeladen, die ein seltsames Quizspiel beim Essen spielte. Der Junge namens Friedemann und seine Geschwister mussten Wissensfragen beantworten, um die größten Portionen Nachtisch zu bekommen. Die Familie war freundlich und gab ihnen sogar einen Kürbis mit auf den Weg.
In einem verlassenen Dorf trafen sie auf einen alten Mann namens Horst Fricke, der allein in einem verfallenen Haus lebte. Er erzählte wirre Geschichten über den Zweiten Weltkrieg und behauptete, ein ehemaliger Scharfschütze zu sein. Fricke schoss sogar auf die Jungen, als er sie zuerst bemerkte. Zum Abschied gab er ihnen ein mysteriöses Fläschchen, das ihnen angeblich in Notlagen helfen sollte. Als sie es später öffneten, stank es so sehr, dass sie es wegwarfen.
Auf einer Müllkippe suchten sie nach Schläuchen, um Benzin aus anderen Autos abzuzapfen, da ihr Tank fast leer war. Dort trafen sie ein schmutziges Mädchen namens Isa Schmidt, das ihnen half, die Schläuche zu finden und zeigte, wie man Benzin absaugt. Obwohl Tschick und Isa sich anfangs stritten, schloss sie sich ihnen an. Isa hatte kurze Haare, trug eine mysteriöse Holzkiste mit sich und sang wunderschön. Sie erzählte, dass sie nach Prag zu ihrer Halbschwester wolle.
Die drei fuhren zu einem Stausee in den Bergen, wo sie badeten und übernachteten. Maik und Isa kamen sich näher, und sie bot ihm an, ihn zu küssen, wurde aber von Tschick unterbrochen. Am nächsten Tag verließ Isa die Gruppe, um mit einem Reisebus weiterzufahren. Bevor sie ging, küsste sie Maik und versprach, sich zu melden. Die drei vereinbarten, sich in fünfzig Jahren am selben Ort wiederzutreffen, und ritzten ihre Initialen in eine Holzhütte.
Aber das Seltsame war, dass Tschick und ich auf unserer Reise fast ausschließlich dem einen Prozent begegneten, das nicht schlecht war. Da klingelt man nachts um vier irgendwen aus dem Bett, weil man gar nichts von ihm will, und er ist superfreundlich.
Der Unfall und seine unmittelbaren Folgen
Auf dem Rückweg gerieten die Jungen in Schwierigkeiten, als sie versuchten, einer Polizeikontrolle auszuweichen. Sie fuhren einen steilen Abhang hinunter, wobei sich der Lada mehrmals überschlug. Tschick brach sich den Fuß, und sie wurden von einer übergewichtigen Frau gefunden, die als Sprachtherapeutin arbeitete. Sie half ihnen und fuhr sie mit hoher Geschwindigkeit ins Krankenhaus, wobei sie unterwegs begeistert Stimmbildungstechniken erklärte.
Im Krankenhaus wurde Tschicks Fuß eingegipst. Die Jungen gaben falsche Namen an und warteten auf ihre Behandlung. Als sie aus dem Fenster schauten, entdeckten sie, dass das Krankenhaus direkt gegenüber der Unfallstelle lag – die Sprachtherapeutin hatte sie im Kreis gefahren. Sie sahen auch, dass der Lada noch an der Unfallstelle stand und nicht abgeschleppt worden war.
Die beiden beschlossen, zum Auto zurückzukehren und ihre Reise fortzusetzen. Mit Tschick auf Krücken schafften sie es zum Lada, der wieder auf den Rädern stand. Maik übernahm das Steuer, da Tschick mit seinem Gipsbein nicht fahren konnte. Sie fuhren weiter, aber auf der Autobahn kam es zu einem zweiten Unfall: Ein Schweinetransporter vor ihnen geriet ins Schleudern, und sie konnten nicht mehr rechtzeitig bremsen. Der Lada prallte in den umgestürzten Transporter.
Nach diesem zweiten Unfall wurden Maik und Tschick von der Polizei festgenommen. Maik wurde in die Notaufnahme gebracht, wo er am Anfang der Geschichte saß. Seine Wade war verletzt, aber nicht schwer. Die Polizei informierte seine Eltern über den Vorfall.
Rückkehr nach Berlin und Konsequenzen
Nach seiner Rückkehr nach Berlin musste Maik sich den Konsequenzen stellen. Sein Vater war wütend und gewalttätig, schlug ihn und versuchte, ihm einzureden, dass er Tschick die Schuld geben sollte, um selbst besser davonzukommen. Maik weigerte sich jedoch, seinen Freund zu verraten.
Seit ich klein war, hatte mein Vater mir beigebracht, dass die Welt schlecht ist. Die Welt ist schlecht, und der Mensch ist auch schlecht. Trau keinem, geh nicht mit Fremden und so weiter.
Vor Gericht erzählte Maik die Wahrheit über ihre Reise. Der Richter war überraschend verständnisvoll. Tschick wurde in ein Heim eingewiesen, und Maik bekam Sozialstunden auferlegt – er musste dreißig Stunden in einer Behinderteneinrichtung arbeiten.
Als die Schule wieder begann, war Tschicks Platz leer. Maik bekam jedoch einen Zettel von Tatjana, die wissen wollte, was mit ihm passiert sei. Als er ihr antwortete, dass er mit Tschick herumgefahren sei und einen Unfall gehabt habe, las der Lehrer Wagenbach den Zettel vor der ganzen Klasse vor und machte sich über ihn lustig. Mitten in dieser peinlichen Situation wurde Maik zum Direktor gerufen, wo zwei Polizisten auf ihn warteten. Sie befragten ihn zu einem weiteren gestohlenen Lada, stellten aber fest, dass er nichts damit zu tun hatte.
Später erhielt Maik einen Brief von Isa, die ihn unter der Weltzeituhr in Berlin treffen wollte. Gleichzeitig freute er sich darauf, Tschick bald im Heim besuchen zu können. Am Ende der Geschichte warf Maiks betrunkene Mutter Möbel in den Swimmingpool, und Maik half ihr dabei. Als die Polizei kam, sprangen beide ins Wasser und hielten unter Wasser die Luft an.
Ich dachte, dass sie mich jetzt wahrscheinlich wieder Psycho nennen würden. Und dass es mir egal war. Ich dachte, dass es Schlimmeres gab als eine Alkoholikerin als Mutter. Ich dachte daran, dass es jetzt nicht mehr lange dauern würde, bis ich Tschick in seinem Heim besuchen konnte.
Maik erkannte, dass dieser Sommer trotz aller Schwierigkeiten der beste seines Lebens gewesen war. Die Reise mit Tschick hatte ihm gezeigt, dass die Welt nicht so schlecht war, wie sein Vater immer behauptet hatte, und dass es sich lohnte, Risiken einzugehen und aus seiner Komfortzone herauszutreten.